Landtag Rheinland-Pfalz – 16. Wahlperiode – 7. Sitzung, 17. August 2011

Landtag Rheinland-Pfalz – 16. Wahlperiode – 7. Sitzung, 17. August 2011

Präsident Mertes: Das Wort hat Herr Kollege Köbler.

Abg. Köbler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:

Herr Präsident, meine Damen und Herren!

Frau Klöckner, Sie müssen in dieser Debatte schon noch einmal Farbe bekennen und sagen, was Sie eigentlich wollen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Frau Klöckner, CDU: Das ist so was von peinlich!)

Erst werfen Sie uns vor, wir hätten die Betroffenen vorher informieren müssen und hätten das nicht so klar in den Koalitionsvertrag schreiben dürfen. Jetzt behaupten  Sie hier, es habe nie ein klares Wort dazu gegeben. Sie  müssen sich schon einmal entscheiden. Ich glaube, an  der Stelle ist der Koalitionsvertrag relativ klar, und auf den Parteitagen beider Koalitionspartner war die Zustimmung dazu überwältigend. Insofern zieht Ihr Argument an der Stelle wieder einmal nicht

(Zuruf der Abg. Frau Klöckner, CDU)

Sie werden sagen müssen, ob Sie eine Justizstrukturreform wollen,

(Frau Klöckner, CDU: Wann ändern Sie den Koalitionsvertrag?)

und zwar nicht eine Reform um der Reform willen, sondern eine Reform unter dem Gesichtspunkt der Schuldenbremse,

(Frau Klöckner, CDU: Ergebnisoffen!)

die uns auferlegt, 220 Millionen pro Jahr zu konsolidieren.

(Baldauf, CDU: Wie war das mit dem Nürburgring?)

Ihre Strategie ist doch jetzt schon klar: Bei jedem einzelnen Vorschlag werden Sie aufschreien und dagegen sein, und am Ende werden Sie alles versuchen, um der Koalition Verfassungsbruch vorzuwerfen, statt hier substanziell etwas beizutragen. Das ist das, was Sie hier gerade aufbauen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Aber eine gute Demokratie lebt davon, dass sie lernfähig ist und sich ihre Anhänger guten Argumenten stellen.

(Frau Klöckner, CDU: Die haben wir in der Regierungsaussprache vorgeschlagen!)

Deswegen ist es sehr zu begrüßen, dass die Debatte über die Fusion der Oberlandesgerichte öffentlich geführt wird. Wir müssen uns nur noch einmal über das Wie unterhalten, ob wir sie sachlich weiterführen  – wir sind sehr dafür  – oder ob wir weiterhin populistische Forderungen stellen, die heute so klingen und morgen anders.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD –Zurufe von der CDU)

Das wird am Ende der Demokratie und der Diskussionskultur in diesem Lande nicht helfen,

(Pörksen, SPD: Jedem nach dem Munde reden!)

es wird der Justiz nicht helfen, und es wird uns auch nicht dabei helfen, die gewaltige Herausforderung der Haushaltskonsolidierung im Lichte der Schuldenbremse gemeinsam zu bewerkstelligen. So macht man keine verantwortungsvolle Politik, weder für die jetzt lebenden Menschen noch für die kommenden Generationen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Klöckner, CDU: Eben!)

Wir stehen für eine starke Demokratie, und dazu gehören auch drei starke und unabhängige Gewalten. Dazu gehört auch eine starke und unabhängige Justiz. Auch das steht im Koalitionsvertrag, und neben der Frage nach dem Einsparvolumen werden wir jede Justizreform daran messen. Das steht doch überhaupt nicht zur Debatte. Wir haben auch einen großen Respekt vor dem, was die Menschen dort jeden Tag leisten. Es ist eben nicht so, dass man en passant zwei Oberlandesgerichte zusammenlegt und sich nicht damit befasst, was mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern passiert. Ich war vor Ort und habe mit den Personalräten und der Gleichstellungsbeauftragten geredet. Es ist für jeden nachvollziehbar, dass es dort Verunsicherungen gibt. Das werden wir aber bei allen Diskussionen in der Zukunft haben.

(Baldauf, CDU: Früher haben Sie etwas anderes gesagt! –Zuruf der Abg. Frau Klöckner, CDU)

Ich glaube nicht, dass es zum Sicherheitsgefühl der Menschen beiträgt, die Diskussion hier weiter hochzukochen, zu emotionalisieren und in Populismus zu verfallen. Wir haben gesagt: Wenn wir diese Reform machen, dann führen wir sie sozial verträglich durch, und wir machen sie dann, wenn sie einen substanziellen Beitrag zum Einhalten der Schuldenbremse leistet.

(Dr. Rosenbauer, CDU: Das stimmt doch gar nicht, was Sie sagen!)

Ich halte das für einen sehr vernünftigen Weg. Das sind klare  Worte. Sie haben sie eingefordert. Wir werden diesen Weg weitergehen, und wir stellen uns auch – da bin ich dem Justizminister und dem Ministerpräsidenten sehr dankbar – der unabhängigen Expertise eines Expertengremiums.

(Licht, CDU: Jetzt! Was haben Sie vorher gemacht?)

Ich möchte wissen, woher Ihre Enttäuschung im Zusammenhang mit diesem Expertengremium kommt. Sind das nicht alles honorige Personen mit unheimlich viel Hintergrund und Wissen? Wollen Sie das wirklich ernsthaft infrage stellen?

(Dr. Rosenbauer, CDU: Überhaupt nicht! –Licht, CDU: Das hat kein Mensch gesagt bis jetzt!)

Fordern Sie, dass die Opposition oder sogar das OLG selbst an der Besetzung beteiligt wird? Ich glaube, ich muss Ihnen noch erklären, was das Wort „unabhängig“ bedeutet.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Wir wollen eine Kommission, an der weder die Landesregierung noch die Betroffenen direkt beteiligt sind. Aber alle können ihre Vorschläge unterbreiten. Der Herr Justizminister hat sie gemacht. Ich halte sie für nachvollziehbar. Ich finde es gut, dass die Kommission diese Vorschläge jetzt unabhängig überprüft. Alle anderen, auch Sie, sind eingeladen, substanzielle Vorschläge zu machen, wie wir eine Justizstrukturreform in RheinlandPfalz hinbekommen, die eine starke, bürgernahe Justiz gewährleistet und bei der wir gleichzeitig unsere Pflicht, den Haushalt zu konsolidieren, erfüllen.

Sie sind herzlich eingeladen, solche Vorschläge zu machen. Lassen Sie sich an den Fakten messen. Ich erwarte auch einmal ein paar klare Argumente und Worte von Ihnen. Bisher ist das, was Sie machen, ein populistisches Wegducken. Es ist sehr widerspruchsvoll und trägt nicht dazu bei, die Diskussionskultur in diesem Lande zu versachlichen und am Ende eine starke Justiz zu haben, die zugleich nachhaltig aufgestellt ist.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

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