Landtag Rheinland-Pfalz – 16. Wahlperiode – 5. Sitzung, 22. Juni 2011

Landtag Rheinland-Pfalz – 16. Wahlperiode – 5. Sitzung, 22. Juni 2011

 

Vizepräsident Schnabel:

Das Wort hat Herr Kollege Köbler von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

 

Abg. Köbler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:

 

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren!

Es ist so, dass sich hier im Haus alle einig sind, dass bei dem Projekt Nürburgring 2009 seitens der Nürburgring GmbH schwerwiegende Fehler gemacht worden sind. Es sind bereits die entsprechenden Konsequenzen auf allen Ebenen gezogen worden.

Auf der politischen Ebene sind Konsequenzen gezogen worden, es gibt juristische Konsequenzen, und es gibt auch betriebswirtschaftliche Konsequenzen im Unternehmen selbst. Sie kennen sie, ich muss Ihnen das hier nicht ausführen, zu was das geführt hat: zum Rücktritt eines Finanzministers, zu einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss, zu Ermittlungen von Staatsanwaltschaft, Gerichte sind tätig, und es gibt ein neues Betreiberkonzept.

 

Herr Dr. Wilke, ich habe Ihnen aufmerksam zugehört.  Ich habe mir nämlich, als ich Ihren Antrag gelesen habe, die Frage gestellt: Warum beantragen Sie hier diesen Antrag?

Ich muss Ihnen ehrlich sagen, ich habe kein einziges Argument gehört, warum wir heute zu einer Sondersitzung zusammenkommen, um über diesen Antrag zu

sprechen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD –Bracht, CDU: Dann haben Sie aber nicht zugehört!)

Es ist mir schlicht schleierhaft.

Wir sind nun neu in die Regierungskoalition eingetreten. Da könnte es sein, dass Sie uns sozusagen auf die Sprünge helfen wollen. Aber dann schaut man einmal in das Protokoll der Plenarsitzung vom 27. Januar 2011, als wir noch das Dasein in der außerparlamentarischen

Opposition fristen mussten. Da stand doch drin – Sie beantragen hier, dass man konsequent alle möglichen Schadensersatzansprüche geltend macht –, dass der damalige Wirtschaftsminister, der Kollege Hering, gesagt hat: „Wir machen gegen alle, bei denen Schadensersatzansprüche geltend zu machen sind, diese konsequent geltend, (…)“

 

Wo ist jetzt die Neuigkeit in Ihrem Antrag? Es ist auch die Aufgabe jedes Gesellschafters wenn Schaden an einer Gesellschaft entstanden und nachgewiesen ist, dass er versucht – soweit es möglich ist – sich diesen Schaden bei denen wieder hereinzuholen, die dafür möglicherweise haftbar zu machen sind. Das ist die Pflicht eines Gesellschafters. Das gilt auch für das Land Rheinland-Pfalz bei der Nürburgring GmbH.

Diesen Weg ist die alte Landesregierung nachweislich schon gegangen und den wird die neue mit aller Konsequenz auch weitergehen. Da bedarf es keiner Sondersitzung. Aber das scheint auch in Wahrheit nicht Ihre Intention zu sein.

 

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

 

Ich glaube eher, dass Ihre Intention eine ganz andere ist, weil Sie genau wissen, dass wir als GRÜNE aus der außerparlamentarischen Opposition heraus die ganzen Vorgänge kritisch begleitet haben und schon viel früher als Sie, als parlamentarische Opposition, auf Dinge

hingewiesen haben, bei denen Sie noch geschlafen haben.

 

(Dr. Rosenbauer, CDU: Na! Na! Na!)

 

Wenn es Ihnen darum geht, auf der Bühne des Parlaments einen Keil zwischen die Koalitionspartner zu treiben – das ist der wahre Grund –, empfehle ich Ihnen einen Blick in den Koalitionsvertrag.

 

(Vizepräsident Dr. Braun übernimmt den Vorsitz)

 

Wir sind uns einig, dass wir auch weiterhin eine konsequente Aufklärung dessen betreiben, was geschehen ist. Wir sind uns einig, dass es darum geht, Transparenz zu schaffen, und wir sind uns auch einig, dass wir entsprechende Konsequenzen aus den Ermittlungsergebnissen ziehen werden.

Darüber hinaus werden wir eine gutachterliche Stellungnahme in Auftrag geben zu noch bestehenden möglichenwirtschaftlichen Risiken. All das ist gemeinsame Politik dieser Koalition. Die Position der Landesregierung zum Thema „Aufklärung“ ist eindeutig: Die Landesregierung wird die Vorgänge am Nürburgring aufklären lassen und die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft unterstützen.  Es wird ein Gutachten über die potenziellen zukünftigen Risiken, sofern es sie gibt, sowie über die finanziellen und wirtschaftlichen Auswirkungen des Nürburgrings für das Land und die Region in Auftrag gegeben. – Was wollen Sie eigentlich noch mehr?

 

Ich bitte Sie auch um eines: Lassen Sie uns die Diskussion politisch führen. Lassen Sie uns nicht die Aufgaben der Staatsanwaltschaft übernehmen. Sie muss ermitteln, und das Land muss eventuell die Konsequenzen aus den Ermittlungsergebnissen ziehen, wenn es sie denn gibt.

 

(Baldauf, CDU: Die Staatsanwaltschaft macht doch gar keine zivilrechtlichen Ansprüche geltend, Herr Kollege!)

 

Aber kommen Sie uns nicht mit Vermutungen, die Sie in Ihrem Antrag formulieren. Kommen Sie uns nicht mit Vorverurteilungen. Es geht Ihnen möglicherweise darum, nach wie vor handelnde Personen in der öffentlichen Wahrnehmung zu diskreditieren. Dafür werden wir uns nicht hergeben, und das sollte auch nicht die Bühne des Parlaments sein. Dass wir noch viel zu tun haben, lesen wir auch heute wieder in der „Rhein-Zeitung“, wenn wir auf den Artikel über den ring°racer schauen. Aber machen Sie bitte erst Ihre Hausaufgaben. Es liegt nach wie vor kein Abschlussbericht des Untersuchungsausschusses vor, auch von Ihnen nicht.

 

(Heiterkeit bei der CDU – Dr. Rosenbauer, CDU: Sie wollten keinen! – Hoch, SPD: Sie haben ihn doch verhindert, Herr Baldauf! – Weitere Zurufe aus dem Hause)

 

In diesem Punkt haben Sie noch nachzuarbeiten. Lassen Sie uns Schritt für Schritt die Dinge angehen. Lassen Sie uns aber davon Abstand nehmen, gegen Mitglieder des damaligen Aufsichtsrates Vorverurteilungen zu treffen. Dies gilt für alle Mitglieder des Aufsichtsrates, inklusive Ihres Mitglieds, Herr Dr. Pföhler, der damals stellvertretender Vorsitzender des Aufsichtsrates war. Das ist stillos. So macht man das nicht.

 

(Dr. Weiland, CDU: Das hat sich aber im Wahlkampf ganz anders angehört!)

 

Diese Koalition und diese Landesregierung haben einen klaren Kurs, was den Nürburgring angeht. Es geht um vollständige Aufklärung, es geht um umfassende Transparenz der wirtschaftlichen Betätigung auch in der Zukunft, und es geht um Wirtschaftlichkeit im Sinne der Region und der Steuerzahler in Rheinland-Pfalz. Wir gehen diesen Weg konsequent weiter. Eine Aufforderung Ihrerseits am heutigen Tag ist absolut überflüssig.

 

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

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