Neues von den Spenden von dem Mauss

Ein Überblick über die Erkenntnisse der aktuellen CDU-Parteispendenaffäre
Von Daniel Köbler, MdL

Ein Geheimagent, eine Schweizer Steuerdaten-CD, die Panama-Papers, ein Israelischer Minister, die Piusbruderschaft, der Papst, eine China-Reise, die Drogenmafia, ein Giftanschlag, eine Eisenacher Anwaltskanzlei, ein Landrat, eine Reithalle und eine Messe eines kolumbianischen Kardinals im Kardener Dom: all das würde man eher in einem Dan Brown Roman erwarten, als in unserem beschaulichen Rheinland-Pfalz. Doch das alles hängt mit der neuerlichen Parteispendenaffäre der rheinland-pfälzischen CDU zusammen, die sich scheibchenweise ausweitet und deren Ausmaß bis dato nicht absehbar ist. Die CDU muss die Vorgänge umfassend aufklären! Wir werden jedenfalls nicht locker lassen, bis alle Fakten auf dem Tisch liegen und die entsprechenden Konsequenzen gezogen wurden.

Der Fall Mauss

Die Geschichten des ehemaligen Geheimdienstagenten Werner Mauss sind kaum zu glauben. Jedenfalls beschäftigt sich das Landgericht Bochum seit dem 19.09.2016 damit, denn ihm wird Geldwäsche und Steuerhinterziehung in Höhe von insgesamt 15 Millionen Euro vorgeworfen. 2012 wurde eine Steuerdaten-CD vom Land Nordrhein-Westfalen mit Kundendaten der Schweizer UBS-Bank angekauft. Darunter der Name „Claus Möllner“ als Begünstigter zweier Stiftungen. „Claus Möllner“ ist einer der Tarnnamen von Ex-Agent Werner Mauss. Am 14. Dezember 2012 wurde Haftbefehl gegen den 76-Jährigen erlassen. Vier  Tage später durchsuchte die Steuerfahndung dessen Anwesen im rheinland-pfälzischen Altstrimmig im Landkreis Cochem-Zell.

Später tauchte Werner Mauss auch in den am 3.April 2016 veröffentlichten „Panama-Papers“ auf: Seit 1985 verwaltete Mauss treuhänderisch einen Fonds in Panama. Dieser Fonds unterstützte vorgeblich katholisch, humanitäre und internationale Organisationen. Laut Angaben von Mauss ist dies allerdings ein Geheimfonds von 23 Millionen Dollar zur Finanzierung von Aktionen gegen Terrorismus, der heute noch aktiv sei und befüllt werde. Allerdings bestreitet der BND gegenüber der Staatsanwaltschaft grundsätzlich die Existenz solcher Fonds. Dies ist nicht der einzige Widerspruch des BND gegen die Aussagen des Herrn Mauss.

Sprecher der Treuhänder seien, laut Mauss, der kolumbianische Kardinal Carío Castrillón Hoyes im Vatikan und ein ehemaliger Minister Israels. Der Kardinal, ein Vertreter der Pius-Bruderschaft, wurde 1976 Bischof von Pereira und galt als Kandidat für die Nachfolge von Papst Johannes Paul II., als dessen Nachfolder dann bekanntlich Josef Ratzinger gewählt wurde. Hoyos sorgte dennoch dafür, dass der neue Papst die Exkommunikation von vier Mitgliedern der streng traditionalistischen Pius-Bruderschaft, darunter einem Holocaustleugner aufhob. Auch soll Mauss enge Kontakte zur Kanzlei Mossack haben und in Verbindung mit dieser Kanzlei für mehrere Stiftungen  zum  „Schutz von Vermögen und für Steuervorteile“ zeitweise als Eigner aufgetreten sein, die auch schon in der Parteispendenaffäre der Bundes-CDU von 2000 eine Rolle spielte. 1997 hatte das BKA Druck auf das Oberfinanzamt Koblenz ausgeübt und eine pauschale Versteuerung von Honoraren von Geheimagent Maus erwirkt. 2006 wendet der damalige Fraktionsvize und innenpolitischen Sprecher der CDU-Bundestagsfraktion Michael Bosbach eine Betriebsprüfung gegen Mauss ab.

Laut Mauss hatte Hoyes sich im Oktober 2010 gegenüber dem Cochem-Zeller Landrat Manfred Schur (CDU) dafür verwandt eine neue Identität bzw. Ausweisdokumente für ihn zu beschaffen, damit er im Auftrag der Pius-Brüderschaft nach China zu einem Einsatz reisen konnte. Nahezu sicher ist, dass Mauss anschließend nach China reiste, wo er angeblich von Chinesischen Sicherheitskräften die vertrauliche Information erhielt, dass ein sizilianisch-kolumbianisches Drogenkartell einen Anschlag auf den Papst plante. Als „Nummer 1 des Vatikan in Deutschland“ (Mauss) habe er die Informationen schriftlich an den Vatikan geschickt, dort sei sie aber an die Mafia durchgestochen worden. Der Papst sei deswegen zurückgetreten. Diese Darstellung wurde vom Vatikan dementiert. Im Mai 2014 hat sich Maus für sich und seine Frau Pässe auf Claus und Michaela Möllner im Kreis Cochem-Zell verlängern lassen.

Im Juni 2012 soll es zu einem Treffen zwischen dem Kardinal Hoyes und Landrat Manfred Schur gekommen sein. Jedenfalls hielt Hoyes eine Messe im Kardener St. Castor-Dom ab. Ein Dankes-Gottesdienst? Mauss spendete laut Südeutscher Zeitung über den Umweg einer Eisenacher Anwaltskanzlei und Briefkastenfirmen seit 2008 großzügig an den CDU-Kreisverband Cochem-Zell und den CDU-Landesverband Rheinland-Pfalz; insgesamt mindestens 80.000 Euro. Allein 18.500 flossen – aufgeteilt in zwei nicht zu veröffentlichende Tranchen – unmittelbar nach der Bitte des Kardinals um Unterstützung bei der Ausstellung von Reise-Dokumenten für Mauss. (K)Ein Zusammenhang? Bekannt ist jedenfalls, dass Mauss der örtlichen CDU sehr nahe steht und die Granden der Partei bei ihm ein- und ausgingen. Mindestens ein Besuch von Julia Klöckner bei Werner Mauss ist belegt.

Seit 50 Jahren lebt Mauss in Altstrimmig, einem 250-Einwohner-Dorf im Landkreis Cochem-Zell. Sein Anwesen, zu dem 50 Hektar Ackerland gehören, wird auf ca. 20 Millionen Euro geschätzt. Die Baumaßnahmen hierfür kamen vom Treuhandfond. Der CDU-Landrat kennt ihn, viele Bürger seines Landkreises kennen ihn. Früher dachten viele Nachbarn auf dem Anwesen wohne Richard Nelson, ein weiterer Tarnname von Mauss. Doch im Grundbuch eingetragen ist die Firma „Nolilane“, von der seit 20 Jahren öffentlich bekannt ist, dass sie Mauss zuzurechnen ist (was im Übrigen bei der Aufklärung der „Flick-Affäre“ herauskam…) und die seit 2005 ihren Sitz in Panama hat. Eine Briefkasten-Firma, mit deren Hilfe Mauss offenbar Gelder aus dem dubiosen Treuhandfonds transferiert. Und ausgerechnet „Nolilane“ taucht im Verwendungszweck von Parteispenden einer Eisenacher Anwaltskanzlei an die CDU auf.

Die illegalen Parteispenden

Der Süddeutschen Zeitung liegen Dokumente vor, die Spenden in einer fast sechsstelligen Höhe der Offshore-Gesellschaft Nolilane von Hr. Mauss an die CDU Rheinland-Pfalz ausweisen. Schon 2006 hatte die CDU ihren Wahlkampf illegal aus Fraktionsmitteln finanziert, doch diesmal wurden mindesten 82000 Euro die Mauss über seinen Anwalt aus einem Eisenacher Fremdgeldkonto an die CDU spendete nicht ordnungsgemäß der Bundestagsverwaltung gemeldet. Die SZ spricht von regelmäßigen Spenden seit 2008. Die Rhein-Zeitung schreibt, dass Peter Bleser (CDU) in seinem Wahlkampf 2013 Geld aus Eisenach erhalten habe. Dabei ist klar geregelt, dass anonyme Spenden oder Spenden über Dritte nicht angenommen werden dürfen. Der Bundespräsident prüft die Angelegenheit nun.

Am 4.10.2016 sah sich die CDU gezwungen eine Pressekonferenz mit dem Landeschatzmeister Peter Bleser und dem Geschäftsführer Jan Zimmer zu geben, bei der sie versuchten sich wieder in die Offensive zu bringen, sich aber in weitere Widersprüche verstrickten. Bleser gibt zu, dass es seit 2008 regelmäßige Spenden an die CDU Cochem-Zell gegeben hatte, seit 2010 unter anderem mit den Verwendungszwecken „Spende Mandat“, „Spende Peter Bleser“ und „Nolilane“. Die Spendenquittungen wurden auf den Anwalt von Hr. Mauss Hr. Hansen ausgestellt. Ebenso erhielt der Landeverband der CDU zwei Spenden mit dem Zusatz „Nolilane“, hier wurde allerdings nicht Hr. Hansen sondern seine Kanzlei als Spender verbucht.

Überaus fraglich ist, ob die CDU regelmäßig solche Spenden wirklich nur aus Naivität angenommen hat, obwohl man mindestens den Zusammenhang von der in Panama gemeldeten Firma Nolilane und Werner Maus durch einfaches googeln hätte herausfinden können. Spätestens seitdem die Firma 2015 ein Gestüt in Altstrimmig (Cochem-Zell) auf dem Grundstück von Hr. Mauss errichtet und dafür bei der Gemeinde einen Antrag zu Verlegung einer Wasserleitung gestellt hatte, müsste zumindest vor Ort der Zusammenhang offensichtlich gewesen sein.

Am 27.10. sah sich die CDU gezwungen eine weitere PK durch Generalsekretär Partick Schneider zum Thema zu geben. Darin gab sie 6 weitere Spenden von Hr. Mauss zu, davon 4 über den Anwalt Hansen und zwei über einen Richard Nelson. Die Anwaltskanzlei Hansen müsste der CDU ja schon als Deckmantel für Mauss-Spenden bekannt sein. Pikanterweise ist jedenfalls „Richard Nelson“ schon lange als Tarnidentität von Mauss bekannt, insbesondere im Zusammenhang mit dem Parteispendenskandal um Helmut Kohl. Darüber berichtete Ser Spiegel bereits 1997 (http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-8843014.html). Alle Spenden sollen an die CDU-Cochem-Zell geflossen sein. Der Landesverband der CDU spielt Schwarzer Peter Bleser.

Tabelle 1: Spenden von Mauss an die CDU nach Quellenlage

Nr Jahr Spender Empfänger Betrag (€) Quelle
  Seit 1968       Kanzleibrief an CDU
1 1999 Richard Nelson KV CZ 8000 28.10.2016 PK CDU
2 2001 Richard Nelson KV CZ 5000 28.10.2016 PK CDU
3 2002 Otto Hansen KV CZ 7000 28.10.2016 PK CDU
4 2003 Birgit Varwis (Kanzlei Hansen) KV CZ 5000 28.10.2016 PK CDU
5 2004 Otto Hansen KV CZ 9500 28.10.2016 PK CDU
6 2005 Otto Hansen KV CZ 9500 28.10.2016 PK CDU
2008-2015 KV CZ und LV RLP 82000 SZ
Gesamt 1000000 SZ

 

Offene Fragen

Bleser sei mit Mauss und Hansen gut bekannt, die Firma Nolilane hätte er aber bis zum Zeitpunkt der Berichterstattung nicht gekannt. Trotzdem konnte er sich nicht erinnern welche Veranstaltungen er gemeinsam mit den beiden Herren besucht hatte. Erinnerungslücken treten auch bei einem gemeinsamen Besuch mit Fr. Klöckner Ende 2009/ Anfang 2010 in der Reithalle des Hr. Mauss besonders beim Inhalt der Gespräche auf. Auch Fr. Klöckner machte hierzu im Landtagsplenum vom 05.10.2016 keine Angaben. Dabei hätten beide durch einfaches recherchieren in ihren Kalendern und Unterlagen zur Aufklärung beitragen können. Merkwürdig ist auch, dass Hr. Bleser zwar als Mitglied des Bundestages öfter bei Mauss eingeladen worden war, aber bei Nachfragen zum Inhalt der Gespräche auf seine Privatsphäre verweist.

Widersprüchlich äußerte sich Bleser in der Pressekonferenz gleich in mehreren Punkten. Der Anwalt hätte oft an die CDU als Privatperson gespendet, allerdings antwortete er später auf Ruckfrage, dass alle Spenden von Hansen weitergeleitete Spenden von Mauss seien. Fraglich ist auch warum eine Kanzlei unterschiedliche Angaben zur Ausstellung der Spendenquittungen bei Kreis- und Landeverband gemacht haben sollte und warum die CDU in den Gliederungen zu unterschiedlichen Bewertungen kam und in der Konsequenz die Spendenquittungen verschieden ausstellte. Höchst bedenklich ist, dass die Spenden von Kanzlei und Hr. Hansen zusammengenommen hätten veröffentlicht werden müssen. Die Spenden von Hr. Mauss beliefen sich laut Bleser immer knapp unter der rechenschaftspflichtigen Grenze von 10.000 €. Spenden in dieser Größenordnung seien öfter vorgekommen. Doch im Rechenschaftsbericht der Partei sind keine entsprechenden Spenden über 10.000 € ausgewiesen.  Auf die offenen Fragen konnten oder wollten auch Julia Klöckner und Christian Baldauf im Landtagsplenum vom 05.10.2016 keine Antworten geben.

Da bei jeder Spende an eine natürlichen Person an eine Partei 0.38 € staatliche Parteienfinanzierung hinzukommen, profitiert die CDU noch heute von den Spenden des Hr. Mauss. Die genaue Summe kann allerdings nicht ermittelt werden, da nicht bekannt ist, wann die CDU welche Gelder erhalten hat. Bekannt ist lediglich, dass der Kreisverband Cochem-Zell über 7 Jahre 68.000 € erhalten hat.

Weitere Aufarbeitung

Im April 2016 veröffentlichten Bastian Obermeyer und Frederik Obermaier das Buch „Panama Papers: Die Geschichte einer weltweiten Enthüllung“ die sich detailliert auch mit den Aktivitäten von Hr. Mauss beschäftigt. Das Europäische Parlament hat einen Untersuchungsausschuss eingericht. Mit der Rolle des Agenten Mauss befasst sich der Bundestag. Hans-Christian Ströbele (GRÜNE) hat dazu eine Anfrage an die Bundesregierung gestellt; ich habe Anfragen an die hiesige Landesregierung gestellt um zu erfahren welche Erkenntnisse die Behörden haben. Der Prozess wegen Steuerhinterziehung in Bochum läuft. Es wird abzuwarten sein, welche weiteren Hintergründe um die (gar nicht mehr so) anonymen Spenden an die CDU Rheinland-Pfalz aufgedeckt werden.

Inwiefern Geld aus den Panama Papers an die CDU Rheinland-Pfalz geflossen sind und ob bzw. welche Gegenleistungen für Hr. Mauss dafür erbracht wurden, sowie welche CDU-Funktionäre damit betraut waren, wird in einer juristischen und politische Aufarbeitung, auch im Landtag, zu klären sein.

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