Abg. Daniel Köbler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich finde es gut
und richtig, dass wir heute über dieses wichtige Thema
sprechen; denn wie jeder weiß, ist Wohnen etwas, das mit
Grundbedürfnissen zu tun hat und deswegen eines der
elementaren Grund- und Menschenrechte ist.
Ich komme aus einer Stadt, in der bezahlbarer Wohnraum
schon lange ein Thema ist. Herr Kollege Schreiner kommt
aus der gleichen Stadt, aus Mainz, er weiß es auch.
(Zuruf von der SPD: Er sollte es wissen!)
Zum Zeitpunkt der Volkszählung von 1987 hat man in
der Stadt Mainz 172.529 Einwohnerinnen und Einwohner
gezählt. Entgegen dem landläufigen Trend eines demo-
grafischen Wandels, der vor allem einen Bevölkerungs-
rückgang bedeutet, haben wir im Jahr 2013 bereits über
203.000 Einwohnerinnen und Einwohner gezählt und sind
in diesem Jahr an der 210.000-Marke.
Meine Damen und Herren, bei allem politischen Streit im
Detail, eines ist doch klar: Eine angemessene bezahlbare
Wohnraumversorgung ist hoffentlich Konsens in diesem
Hause. Was man aber in diesem Zusammenhang auf gar
keinen Fall akzeptieren darf und auch nicht tun sollte – Sie
haben eben die Zahlen und Jahresdaten von mir gehört –,
ist, das Problem, das manche Menschen haben, ihre Mie-
ten zu bezahlen oder angemessenen Wohnraum zu finden,
mit dem Zuzug von Flüchtlingen im vergangenen Jahr zu
verquicken.
(Abg. Joachim Paul, AfD: Genau das ist
richtig!)
Es ist kein Beitrag zur Lösung des Problems.
(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN)
Das ist gesellschaftliche Brandstiftung.
Das geben auch die Zahlen absolut und überhaupt nicht
her. Ich will so etwas hier eigentlich auch gar nicht hören.
(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Ja!)
Meine Damen und Herren, wir haben darauf reagiert: mit
dem Bündnis für bezahlbares Wohnen Rheinland-Pfalz
und mit dem Landeshaushalt 2016, in dem wir erstmals
die finanziellen Voraussetzungen geschaffen haben, als
Land gemeinsam mit der ISB die Zielzahl von 2.000 zu-
sätzlichen bezahlbaren Wohnungen pro Jahr fortzusetzen.
Ich bin sehr froh, dass wir in den Koalitionsverhandlungen
ziemlich schnell einen guten Konsens gefunden haben,
nämlich uns zum Ziel zu setzen, dieses Programm zu vers-
tetigen und 20.000 neue Wohnungen in Rheinland-Pfalz
im Laufe dieser Legislaturperiode schaffen zu wollen. Ich
glaube, das ist ein sehr gutes Signal an die Menschen in
diesem Land, die vielleicht nicht die dicken Einkommen
haben und eine Familie gründen wollen. Deswegen ist auf
diese Koalition in Rheinland-Pfalz Verlass.
(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,
der SPD und der FDP –
Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Sehr gut!)
Herr Schreiner, ich habe aus Ihrem Wortbeitrag herausge-
hört, dass Sie im Kern mit uns einer Meinung sind, nämlich
dass man mehr tun muss und das ein wichtiger Punkt
ist. Das finde ich gut. Daran sollten wir auch gemeinsam
weiterarbeiten. Deswegen möchte ich mich mit ein paar
Vorwürfen von Ihnen ein Stück weit auseinandersetzen.
Natürlich gehört zu einer angemessenen Wohnraumver-
sorgung mehr als nur die Aufstockung im sozialen Wohn-
bereich. Dazu gehört immer ein zielgenaues Nachsteuern.
Herr Kollege Wansch hat es angesprochen, dass man
aufgrund der aktuellen Situation das wichtige Instrument
der Tilgungszuschüsse, das wir eingebracht haben, weiter
fortführen bzw. sogar ausbauen müsste. Wir haben allein
schon in diesem ersten Halbjahr Anträge auf weit über 3
Millionen Euro in dem Bereich vorliegen. Das zeigt, dass
das Instrument auch Wirkung entfaltet.
Ich kann aber die Frage der finanziellen Ausstattung der
Kommunen nicht ganz so stehen lassen. Zum einen wis-
sen Sie auch, dass nach der Reform des kommunalen
Finanzausgleichs im vergangenen Jahr die Kommunen in
Rheinland-Pfalz das erste Mal einen positiven Finanzie-
rungssaldo haben. Wir wissen aber auch, dass gerade die
Städte – hier reden wir vor allem über die soziale Wohn-
raumförderung – noch nicht so weit sind.
Sie müssen auch sehen, dass das, was Sie angesprochen
haben, relativ wenig damit zu tun hat. Wir reden im Zeital-
ter der Doppik von Investitionen, die entsprechend auch
im Finanzhaushalt der Kommunen abgebildet sind. Das
heißt, Sie vergleichen ein Stück weit Äpfel mit Birnen. Das
kann man tun. Man wird aber feststellen, dass das sehr
unterschiedliche Dinge sind, die man nicht in einen Topf
rühren kann.
Das Zweite sage ich als Grüner zur Energieeffizienz. Ich
halte das Diskutieren gegeneinander nicht zielführend und
am Ende für die Menschen auch nicht für hilfreich. Es
bringt doch nichts, wenn Sie nicht energetisch sanieren,
nicht energieeffizient bauen, dadurch die Baukosten ein
bisschen senken und die Mieten ein bisschen herunterbrin-
gen, und dann am Ende die Heizkosten bei den Mieterin-
nen und Mietern ums Doppelte und Dreifache wieder aus
der Tasche ziehen. Deswegen muss man immer die ge-
samtwirtschaftliche Rechnung machen. Wenn man es klug
macht, sind Energieeffizienz und bezahlbarer Wohnraum
gar kein Gegensatz, sondern auf die lange Sicht etwas,
was sogar eine sehr soziale Angelegenheit ist.
(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,
SPD und FDP –
Abg. Joachim Paul, AfD: Das stimmt nicht!)
Ich komme zum letzten Punkt, der Barrierefreiheit. Ich glau-
be, dass die Barrierefreiheit auch der Standard sein muss.
Wir reden doch immer mehr davon, dass immer mehr Men-
schen, die auf soziale Wohnraumförderung angewiesen
sind, im Alter barrierefreien Wohnraum benötigen. Das
wird das große Thema im nächsten Jahr bei der Bundes-
tagswahl werden, nämlich wie sicher ist eigentlich unsere
Rente, und wie sieht es mit der zunehmenden Altersar-
mut insbesondere von Frauen aus. Es mag heute etwas
günstiger sein zu bauen und nicht auf Barrierefreiheit zu
achten. Wir werden in den nächsten Jahrzehnten bei einer
älter werdenden Gesellschaft, in der immer mehr ältere
Menschen auf sozialen Wohnraum angewiesen sind, die
Fehler bedauern, die wir heute machen, wenn wir nicht auf
Inklusion und Barrierefreiheit achten.
(Glocke des Präsidenten)
Herzlichen Dank.
(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,
der SPD und der FDP)
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