Präsident Mertes:
Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung mit dem ersten Thema auf:
AKTUELLE STUNDE
„Rheinland-Pfalz weiterhin Spitze beim Ausbau
der Kinderbetreuung“
auf Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
– Drucksache 16/3302 –
Ich erteile Herrn Köbler das Wort. In der ersten Runde stehen 5 Minuten Redezeit und in der zweiten Runde 2 Minuten je Fraktion zur Verfügung.
Abg. Köbler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:
Herr Präsident, meine Damen und Herren!
Rheinland-Pfalz ist und bleibt Nummer 1 in Deutschland beim Thema Ausbau der Kinderbetreuung und Familienfreundlichkeit.
(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD –
Unruhe im Hause –
Glocke des Präsidenten)
Präsident Mertes:
Ich muss Sie gerade einmal unterbrechen. Wenn wir die Sitzung so beginnen, wie wir sie jetzt beginnen, dann sollten wir sie direkt wieder schließen.
(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Ich werde darauf achten, dass sowohl auf der Regierungsbank als auch im übrigen Parlament etwas mehr Ruhe herrscht, wenn geredet wird. Es ist nicht in Ordnung. Das musste ich am Anfang jetzt sagen.
Herr Kollege, Sie haben weiterhin das Wort. Wir geben Ihnen 45 Sekunden mehr Redezeit für meine Durchsage.
Abg. Köbler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:
Herzlichen Dank, Herr Präsident.
Zum 1. Februar 2014 konnte Familienministerin Alt verkünden, dass wir das Ziel erreicht haben und beim Ausbau der Plätze für die unter dreijährigen Kinder bereits eine Versorgungsquote von 41 % erreicht haben. Die Anzahl der Betreuungsplätze für unter dreijährige Kinder beläuft sich auf über 37.000. Allein in der zweiten Jahreshälfte
2013 sind über 2.000 neue Plätze für Kinder unter drei Jahren geschaffen worden.
Damit bleibt Rheinland-Pfalz weiter an der Spitze der westdeutschen Flächenländer, wenn es darum geht, den Ausbau der Kinderbetreuung gerade für die unter Dreijährigen voranzubringen. Rheinland-Pfalz ist hier vorbildhaft. Rheinland-Pfalz ist hier Vorreiterin. Rheinland-Pfalz ist das Familienland Nummer 1 in Deutschland, meine Damen und Herren.
(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)
Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und das Thema frühkindliche Bildung sind eine Frage der gesellschaftlichen Gerechtigkeit. Das wissen wir. Aber sie sind auch immer mehr eine Frage der wirtschaftlichen Zukunft. Sie sind ein knallharter ökonomischer Standortfaktor geworden. Wer es immer noch nicht begriffen hat, den verweise ich auf die Rede des IHK-Präsidenten Dr. Günster beim Wirtschaftsempfang, der ganz klar gesagt hat, dass es mittlerweile eine ganz entscheidende Frage für die Zukunft der rheinland-pfälzischen Unternehmen ist, wie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf auch mit Blick auf den drohenden Fachkräftemangel gelingen kann.
Nicht zuletzt ist es auch ein wichtiges Instrument beim Thema demografischer Wandel. Man mag es kaum glauben, eine Prognos-Studie hat ergeben, dass es nicht Ehegattensplitting oder Steuererleichterungen sind, sondern die Frage des Ausbaus der Kinderbetreuung ist, wenn es darum geht, ob Eltern und gerade Frauen ihren Kinderwunsch realisieren können. Das ist in dem Feld ein ganz wichtiges Querschnittsthema. Kita-Ausbau ist eine gemeinsame Kraftanstrengung.
Hier steht das Land nicht allein. Hier sind der Bund und die Kommunen beteiligt. Rheinland-Pfalz tut das, was das Land tun kann, und zwar in vorbildlicher Weise. Das Geld, das vom Bund kam, wird zügig und unmittelbar an die Kommunen weitergeleitet. Die Mittel des Bundes sind bereits alle bewilligt worden, und zwar schon zum 5. November vergangenen Jahres. Immerhin sind das 27,2 Millionen Euro.
Im Zuge der Gemeinschaftsfinanzierung hat Rheinland-Pfalz noch einmal 24 Millionen Euro im vergangenen Jahr obendrauf gelegt, um die Kommunen beim Ausbau der Kinderbetreuung zu unterstützen. Es geht weiter. Wir haben im Doppelhaushalt 2014/2015 weitere 35 Millionen Euro für den Ausbau der Kinderbetreuung für Kinder unter drei Jahren zur Verfügung gestellt, weil das nächste Ziel 45 % Versorgungsquote bei den Betreuungsplätzen für Kinder unter drei Jahren sein wird. Das ist ein ganz großer Schwerpunkt dieser Landesregierung, der rot-grünen Koalition. Das lassen wir uns einiges kosten, meine Damen und Herren.
(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)
Nun kommt es darauf an, neben dem weiteren Aufbau zu schauen, dass wir dieses Geld bedarfsgerecht und zielsicher einsetzen. Bei uns im Land gibt es da noch Disparitäten. Deswegen ist es richtig, dass die Gelder entsprechend insofern gesteuert werden, dass wir sie zuerst dort einsetzen, wo der Bedarf am höchsten ist. Wenn man das alles zusammenrechnet, was das Land bei den Investitionskosten, aber auch den Personalkosten tut, dann reden wir allein beim verabschiedeten Doppelhaushalt 2014/2015 von über 1 Milliarde Euro, die das Land für die frühkindliche Bildung bereitstellt. Ich finde, das ist eine ordentliche Hausnummer. Das ist alles unter dem Grundsatz, dem wir uns verschrieben haben, zu sehen, Bildung muss kostenfrei sein. Die Beitragsfreiheit ist für uns ein ganz wichtiger Zukunftspunkt. Wir investieren die Mittel, die uns zur Verfügung stehen, in dieses Zukunftsprojekt Kinderfreundlichkeit in Rheinland-Pfalz. Aber wir verschonen die Familien mit Bildungsgebühren.
Herzlichen Dank.
(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)
Präsident Mertes:
Herr Köbler, Sie haben das Wort.
Abg. Köbler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:
Herr Präsident, meine Damen und Herren!
Ich möchte jetzt nicht als gestandener Mann aus der Kommunalpolitik sprechen, aber, Frau Klöckner, erzählen Sie doch bitte nicht, wir wüssten nicht, was vor Ort los ist. Ich bin im Stadtrat in Mainz, und auch ich weiß, dass bei den Kommunalfinanzen nicht alles von heute auf morgen in Ordnung ist. Aber nehmen Sie doch einmal das Beispiel der Stadt Mainz. Die Stadt Mainz hat 2013 erstmals seit vielen Jahren – auch dank des Beitrags des Landes – einen positiven Haushalt verabschieden können.
(Zurufe von der CDU)
Frau Klöckner, Sie haben viel lamentiert und viel vorgetragen, aber auf die Frage des Kollegen Steinbach sind Sie nicht eingegangen. – An wessen Seite standen Sie denn bei den Koalitionsverhandlungen in Berlin?
(Pörksen, SPD: Da standen Sie an keiner Seite! Sie standen nur bei den Fernsehkameras!)
Das Land Rheinland-Pfalz hat im Bundesrat 12 Milliarden Euro für die Kommunen bei der Eingliederungshilfe gefordert, das wären 600 Millionen Euro für die Kommunen in Rheinland-Pfalz. Wenn es nur ein Drittel gewesen wäre, wären es 200 Millionen Euro für die Kommunen in Rheinland-Pfalz gewesen. 50 Millionen Euro sind nur dabei herausgekommen. Sie haben heute nicht die Frage beantwortet, ob Sie auf der Seite von Wolfgang Schäuble gestanden haben oder auf der Seite der rheinland-pfälzischen Kommunen, oder ob Sie sich schon auf die Presse-Statements nach der Verhandlung vorbereitet haben.
(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD –
Pörksen, SPD: Genau so war es!)
Bringen Sie einen konkreten durch finanzierten Vorschlag ein, dann können wir auch ernsthaft darüber debattieren. Aber hören Sie doch auf, durchs Land zu reisen und die Kommunen aufzuhetzen, gegen das Land zu klagen. Davon hat das Land nichts, und davon haben die Kommunen nichts; die Einzigen, die etwas davon haben, sind die Anwälte.
Herzlichen Dank.
(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)
Vizepräsidentin Frau Klamm:
Für die Fraktion der GRÜNEN hat Kollege Köbler das Wort.
(Pörksen, SPD: Mit dem Anrufen haben Sie es doch eher!)
Abg. Köbler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren!
Was haben die Vorratsdatenspeicherung, die steuerliche Gleichbehandlung von nichtehelichen Lebensgemeinschaften, das Asylbewerberleistungsgesetz und das letzte Bundeswahlgesetz gemeinsam? – Das alles sind Gesetze, die das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe gegen den erbitterten Widerstand der CDU für verfassungswidrig erklärt hat.
(Zurufe von der CDU)
Frau Klöckner, da mache ich Ihnen überhaupt keinen Vorwurf. Einen Vorwurf mache ich Ihnen, wenn Sie sich als Vertreterin der CDU-Bundespartei, die mehrere verfassungswidrige Gesetze auf dem Kerbholz hat, hier hinstellen und uns vorwerfen, wir würden leichtfertig mit unserer Verfassung umgehen.
(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD –
Frau Klöckner, CDU: Reden Sie doch einmal zum Thema! Haben Sie Angst?)
Der Unterschied ist aber, dass das Verfassungsgericht in Karlsruhe diese Gesetze gegen den erbitterten Widerstand der CDU für verfassungswidrig erklärt hat. Beim Bundeswahlgesetz hat sich ein Kollege Ihrer Bundestagsfraktion sogar dazu verstiegen, nach dem Urteil zu sagen, man solle Karlsruhe die Zuständigkeit für das Bundeswahlgesetz entziehen. Was herrscht denn da in der CDU für ein Verständnis von unseren Verfassungsgerichten? – Nein, wir sind so mutig, zu sagen, dass wir das selbst vorlegen, wenn es öffentlich geäußerte Zweifel gibt. Natürlich haben wir das Kommunalwahlgesetz in seiner veränderten Form, bevor wir es hier beschlossen haben, intensiv geprüft.
(Frau Kohnle-Gros, CDU: Dann zieht es doch durch!)
Ja, das haben wir selbstverständlich gemacht, sogar sehr gewissenhaft. Frau Klöckner, wir haben darüber gesprochen. Das wissen Sie auch.
(Frau Klöckner, CDU: Habe ich etwas anderes gesagt?)
Ich sage auch, wir müssen uns einmal Gedanken darüber machen, ob wir den Verfassungsgerichtshof nicht bei heiklen Punkten – wie zum Beispiel in Bremen, wo das möglich ist – vor der Verabschiedung um eine Stellungnahme bitten. Das lässt aber unsere Landesverfassung nicht zu.
Unsere Landesverfassung lässt nach Artikel 130 zu, wenn begründete Zweifel oder Zweifel in der Öffentlichkeit bestehen, dass man entsprechend als Fraktionen vorlegen kann. Es geht darum, hier Frauen zu stärken. Das will ich auch noch einmal klar machen. Wenn in der Öffentlichkeit oder hier behauptet wird, es ginge darum, bestimmte Parteien zu bevorzugen, dann ist das schlicht Unfug.
Meine Damen und Herren, es geht darum, Geschlechtergerechtigkeit auch in der Politik herzustellen. Das ist etwas, was hart erkämpft wurde – das ist lange gesagt worden –, was übrigens in der Schweiz erst seit dem Jahr 2001 national und bundesweit gilt und in Kuwait noch 2001 für verfassungswidrig erklärt worden ist, dass Frauen wählen können. Wir betreten Neuland. Das wussten wir auch. Das haben wir hier auch immer ausgeführt. Wenn man Neuland betritt, dann ist das natürlich auch immer so, dass man sich nicht zu 110 % sicher sein kann, gerade wenn es um das Wahlrecht geht. Deswegen legen wir jetzt dem Verfassungsgerichtshof vor. Wir wollen Frauen stärken, aber wir wollen selbstverständlich auch keine zermürbende Debatte um die Verfassungsgemäßheit einer Kommunalwahl. Ich halte das für einen sehr vernünftigen Weg. Da bin ich mit ihrem Stellvertreter, Herrn Baldauf, durchaus einig.
Herzlichen Dank.
(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)
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