Landtag Rheinland-Pfalz – 16. Wahlperiode – 62. Sitzung, 13. Dezember 2013

Landtag Rheinland-Pfalz – 16. Wahlperiode – 62. Sitzung, 13. Dezember 2013

 

Präsident Mertes:

 

Ich erteile das Wort Herrn Kollegen Köbler von der Fraktion

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.


Abg. Köbler,
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:
Herr Präsident, meine Damen und Herren!

Lassen Sie mich mit Erlaubnis des Präsidenten mit einem Zitat unseres ehemaligen Ministerpräsidenten zur Kommunalreform beginnen. Ich zitiere: „Dieser Zug fährt nur alle paar Jahrzehnte durch die Geschichte. Wir dürfen ihn nicht verpassen.“ – Der „Dagegenpartei“ CDU fällt seit Monaten nichts anderes ein, als Moratorien zu fordern und damit wichtige Reformprozesse in Rheinland-Pfalz zu blockieren,

 

(Zurufe von der CDU)

 

ob es das Justizreformmoratorium, das Steuermoratorium, das Belastungsmoratorium ist. Frau Klöckner, vielleicht können wir uns heute nach der Debatte auf eines einigen, dass wir endlich ein  „Moratoriumsmoratorium“ vereinbaren, weil der Begriff so abgenutzt ist, dass ihn hier wirklich keiner mehr hören kann.

 

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD –

Zuruf des Abg. Bracht, CDU)

 

Ich werfe der „Dagegenpartei“ CDU auch nicht vor, dass sie gegen die Vorschläge der rot-grünen Koalition ist.

 

(Zuruf der Abg. Frau Klöckner, CDU)

 

Es ist als Opposition Ihr gutes Recht, gegen Vorschläge der Regierung zu sein. Was ich Ihnen aber vorwerfe, ist,  dass hinter Ihrem Dagegensein nicht einmal der Ansatz,  der Funke, der Wille ist, ein alternatives Konzept auf den Tisch zu legen, meine Damen und Herren. Es ist in Ordnung, wenn Sie als Opposition auch einmal gegen die Regierung sind,

 

(Zurufe von der CDU: Danke!)

 

aber es ist einer Opposition unwürdig, wie plan- und konzeptlos Sie in diesem Landtag agieren.

 

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

 

Eine Kommunal- und Verwaltungsreform ohne strittige Diskussionen und ohne Widerstand durchzuführen, ist doch eine schöne Utopie. Schauen Sie sich doch einmal in der Bundesrepublik Deutschland um. Völlig egal, welche Konstellation an der Regierung war, es gibt überall Diskussionen. Das ist doch normal und verständlich. Am Ende wird es immer zu Entscheidungen kommen, mit denen nicht alle einverstanden sind.

 

Das war auch – Herr Kollege Noss hat es ausgeführt – bei der letzten großen Kommunalreform in Rheinland-Pfalz in den 70er-Jahren unter der CDU-Regierung der Fall. Da können Sie Dutzende von Landtagsprotokollen und Zeitungsartikeln aus den 70er-Jahren nachlesen. Da gab es damals sogar den Aufruf, die Zwischenwahlen bei den Verbandsgemeindewahlen wegen der CDU Kommunalreform unter Helmut Kohl zu boykottieren.

Dagegen ist das, was wir heute haben, etwas, das wir ernst nehmen, aber es ist nicht der Flächenbrand in den Dörfern in Rheinland-Pfalz, wie Sie es suggerieren. Schauen Sie sich die Bundestagswahlergebnisse in den betroffenen Gemeinden an. Die Kommunalreform hat für das Wählerverhalten überhaupt keine Rolle gespielt, weil das, was die Leute interessiert, ist, dass sie zukunftsfähige Kommunen haben, die als Schulträger funktionieren, die Kitas ausgebaut werden, auch ökologische Vernunft waltet, die Menschen ihren Personalausweis, ihren Führerschein ortsnah abholen können. Wo die Kasse ist und der Bürgermeister sitzt, ist den meisten Menschen in diesem Bundesland relativ egal. Es geht um die Sache und die Inhalte.

 

Meine Damen und Herren, wir brauchen eine Kommunalreform, nicht, damit wir die Situation heute verbessern, sondern in Zeiten des demografischen Wandels und der Finanzsituation der Kommunen wäre eine Verzögerung einer kommunalen Gebiets- und Verwaltungsreform sträflich, auch für kommende Generationen.

 

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

 

Frau Klöckner, weil Sie kein eigenes Konzept haben, machen Sie etwas, was ich schon in der letzten Plenarsitzung zurückgewiesen habe. Sie verbreiten Unwahrheiten und zitieren falsch. Sie haben suggeriert, BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN hätte 2008 Bürgerentscheide für den Fall gefordert, dass es zu keiner Einigung zwischen Land und Kommunen kommt. Sie haben bewusst falsch aus dem Beschluss zitiert. Es geht nämlich um etwas ganz anderes. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat 2008 schon gesagt, Verbandsgemeinden sollen mindestens 13.000 Einwohner haben, und wir haben auch gesagt, wir streben 2014 eine Zahl von Verbandsgemeinden von nur noch 120 an. Das haben wir mutig gesagt. Damit sind wir in die Kommunalwahl und in die Landtagswahl gezogen. Wir haben mit einem mutigen Konzept die Kommunalwahl und die Landtagswahl gewonnen.

 

Ich glaube, die meisten Bürgerinnen und Bürger honorieren es, wenn man vor der Wahl ehrlich sagt, wo man steht, auch wenn es vielleicht schwierig ist, meine Damen und Herren.

 

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Zuruf des Abg. Dr. Weiland, CDU)

 

Wir haben immer gesagt, es soll Bürgerentscheide geben, wenn sich die Verbandsbürgermeister nicht einigen.

Aber es sind doch CDU-Verbandsbürgermeister, die überall diese konstruktiven Bürgerentscheide behindert und blockiert haben, weil sie Angst um ihren Einfluss, ihre Macht und ihren Amtssessel haben, meine Damen und Herren. Das ist doch der Punkt.

 

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

 

Die Anhörungen im Innenausschuss waren aufschlussreich. Ich will sagen, das sieht man beispielsweise den Entschließungsanträgen an. Wir haben viele konstruktive Anregungen aus den Kommunen aufgenommen, und – Beispiel Heidesheim – wenn es eine konstruktive Alternative

 

im Prozess gab, haben wir bis zuletzt gesagt, dann nehmen wir das Gesetz zurück, wir wollen, dass sich möglichst vor Ort eine Einigung findet, aber die muss verbindlich und zukunftsgerichtet sein. Das haben wir versprochen, und das haben wir auch gehalten, meine Damen und Herren.

Liebe Frau Klöckner, steigen Sie in den Zug ein. Es ist noch nicht zu spät. Mit der Vorbereitung der zweiten Stufe wird im kommenden Jahr begonnen.

 

(Frau Klöckner, CDU: In einen Zug, der in die Sackgasse führt!)

 

Wir sind wieder zu konstruktiven Gesprächen bereit, auch mit Ihnen von der Opposition. Aber dann erwarten wir auch konkrete Vorschläge. Sie müssen konkrete Vorschläge auf den Tisch legen, wie Sie sich die kommunale Landkarte in Zukunft vorstellen. Wir können das Gespräch gerne miteinander führen. Daran haben wir ein hohes Interesse.

Aber dieser Zug – das hat der ehemalige Ministerpräsident gesagt – fährt nur alle paar Jahrzehnte. Ich finde, wir sollten ihn nicht verpassen. Es ist keine neue Erkenntnis.

Diese Erkenntnis ist über 40 Jahre alt. Ich sage an dieser Stelle, Helmut Kohl hatte recht.

 

Vielen Dank.

 

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

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