Landtag Rheinland-Pfalz – 16. Wahlperiode – 55. Sitzung, 19. September 2013
Vizepräsident Dr. Braun:
Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat nun Herr Abgeordneter Köbler das Wort.
Abg. Köbler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:
Herr Präsident, meine Damen und Herren!
Was soll man zu diesem Antrag sagen? Liebe CDU, ich glaube, die größte Leistung, die Sie da vollbracht haben, ist, dass es gelungen ist, beim Copy-and-paste des Antrages aus Hessen das Wort „Hessen“ durch „Rheinland-Pfalz“ zu ersetzen. Das zeigt Ihre Erfahrung beim Thema „Copy – and-paste“.
(Vereinzelt Beifall bei der SPD)
Aber wir können uns den Antrag einmal anschauen. Sie ignorieren, dass über 7 Millionen Menschen in Deutschland einer geringfügigen Beschäftigung nachgehen, fünf Millionen Menschen ausschließlich einer geringfügigen Beschäftigung nachgehen und 10 % der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer neben ihrem Vollzeiterwerb noch eine geringfügige Beschäftigung aufnehmen, in aller Regel deswegen, um sich und ihre Familie überhaupt ernähren zu können.
Das ist das von Ihnen immer proklamierte Jobwunder unter Schwarz-Gelb, prekäre Beschäftigung, Minijobs und Dumpinglöhne. Das ist doch die sozialpolitische Realität in diesem Land. Leider haben Sie in Ihrem Antrag den beschreibenden Teil vergessen. Dann gehen wir einmal auf den Antrag ein. In Nummer 1 wollen Sie, dass der Landtag begrüßt, dass die Grenze für die Minijobs angehoben worden ist. Das haben wir alles diskutiert. Das haben Sie selbst wieder referiert. Wir haben uns ganz klar kritisch dazu im Landtag positioniert. Dann kommen wir zu Nummer 2. Da behaupten Sie, die GRÜNEN wollen die Mini- und Midijobs abschaffen. Das ist falsch. Das steht so nicht in unserem Programm.
Aber wir sind es in diesem Wahlkampf gewohnt, dass Sie versuchen, mit Dreck nach dem Motto zu schmeißen: Irgendetwas wird schon hängenbleiben. Wir wollen die Mini- und Midijobs reformieren. Wir wollen, dass sie nicht länger sozialversicherungspflichtige Jobs in diesem Land verdrängen und Menschen in prekäre Arbeitssituationen drängen. In Nummer 3 schreiben Sie, dass die Abschaffung vor allem Schüler, Studenten und Rentner treffen würde. Ja, genau die Schüler und Studenten wollen wir eben nichttreffen, weil es durchaus politisch gewollt ist, dass auch Schülerinnen und Schüler, Studentinnen und Studenten neben ihrem Studium oder neben der Schule eine geringfügige Beschäftigung ausüben können. Dafür ist es einmal mitgedacht worden.
In Nummer 4 schreiben Sie, dass die Maßnahme vor allem auch die ehrenamtlich Tätigen und die Vereine treffen würde. Das ist ganz falsch. In unserem Wahlprogramm ist genau nachzulesen, dass es genau in diesen Bereichen geringfügige Beschäftigung auch weiterhin geben soll, um dort weiterhin das ehrenamtliche Engagement entsprechend zu unterstützen.
Dann versteigen Sie sich in Nummer 5 in eine Formulierung, die, wie ich finde, der Würde dieses Hauses nicht angemessen ist, vielleicht der Würde des Hessischen Landtages, ich weiß es nicht.
Aber hier von einem Anschlag auf Familien zu reden, ist schon allerbilligste Wahlkampfpolemik. Wenn Sie genau nachgelesen haben, so steht in unserem Wahlprogramm, dass es gerade im Bereich der Haushaltshilfen und der Familienunterstützung bei den vereinfachten Verfahren wie bei der jetzigen Minijobregelung bleiben soll. Das heißt, Sie haben nichts anderes getan, als hier sozusagen eine billige Polemik aus Hessen aufzugreifen. Sie haben sich noch nicht einmal die Mühe gemacht, unseren Antrag zu lesen, geschweige denn, sich mit den Fakten vertraut zu machen.
Dass wir dort aber ein Problem bei den Mini- und Midijobs haben, gibt sogar eine Studie her, die vom
Bundesfamilienministerium in Auftrag gegeben worden ist, in der genau steht, dass das Hauptziel der geringfügigen Beschäftigung, nämlich eine Brücke zwischen der Erwerbslosigkeit und den sozialversicherungspflichtigen Jobs zu schlagen, objektiv verfehlt und nicht erreicht worden ist.
Ich komme einmal zu den Relationen. Wenn es Ihnen wirklich um Ehrenamtliche gehen sollte, die auch bei uns explizit ausgeschlossen sind, wenn wir bei über 7 Millionen Minijobs gerade einmal 230.000 Beschäftigte in diesem Bereich, um den es Ihnen ja vorgeblich geht, überhaupt haben, dann können Sie doch nicht sagen, dass mit einer grundsätzlich sozialpolitisch gewollten Reform im Bereich der geringfügigen Beschäftigung insbesondere diese betroffen wären, zumal diese bei der Reform, wie wir sie uns vorstellen, explizit ausgeschlossen sind.
(Glocke des Präsidenten)
Ich glaube, auch für die sozialpolitische Debatte würde das Niveau steigen, wenn die Wahlen am Sonntag endlich in unserem Sinne vorbei sind.
Herzlichen Dank.
(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)
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