Landtag Rheinland-Pfalz – 16. Wahlperiode – 55. Sitzung, 19. September 2013
Vizepräsident Schnabel:
Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Herr Kollege Köbler das Wort.
Abg. Köbler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Frau Beilstein, natürlich habe ich Ihrer Rede soeben andächtig zugehört. Ich war schon überrascht, welche Zusammenhänge man beim Thema „Kommunal- und Verwaltungsreform in Rheinland-Pfalz“ so herstellen kann. Ich hatte schon fast den Eindruck, auch die steigende Scheidungsquote im Land Rheinland-Pfalz sei auf die Kommunal- und Verwaltungsreform zurückzuführen. – Ich glaube, wo da die Risse durch die Familien gehen, müssen Sie mir noch näher erklären.
Ich denke aber, im Gegensatz zu Ihnen versuche ich einmal, über Ihr Gesetz zu reden; denn darum soll es heute eigentlich gehen. Als Sie von der CDU angekündigt haben, im Landtag einen Gesetzentwurf zur Kommunal- und Verwaltungsreform vorzulegen, muss ich
sagen, ich war wirklich gespannt. Ich habe wirklich gedacht:
Oh, jetzt legt die CDU ihre Vorstellungen vor. Jetzt bekennt die CDU endlich Farbe. Nach sechs Jahren Debatte und Diskussion sagt die CDU, wie sie sich die neuen Strukturen vorstellt,
(Frau Schleicher-Rothmund, SPD: Schon wieder nichts!)
was mit den Verbandsgemeinden, den Ortsgemeinden, den Kreisen und kreisfreien Städten passiert. – Irgendetwas. – Nein, ein einziges Artikelchen. Es ist an Banalität kaum zu unterbieten, liebe CDU.
(Staatsminister Lewentz: Zwei, zwei!)
– Zwei Artikel: Einer materiell und einer für den Tag des Inkrafttretens.
Das Einzige, was Sie beantragen, ist die Streichung der Frist bis zum Tag der Kommunalwahl 2014. Das ist Ihre Vorstellung von der Kommunal- und Verwaltungsreform in Rheinland-Pfalz. – Es ist ein bisschen dürftig. Ich finde, Sie könnten noch ein bisschen nacharbeiten. Aber was heißt das im Umkehrschluss? – Mit Ausnahme des Stichtages akzeptiert die CDU mit diesem Gesetzentwurf das komplette Vorgehen der Landesregierung in Sachen Kommunal- und Verwaltungsreform; denn dort wird schließlich keinerlei Änderung begehrt. Also, wir sind doch einen guten Schritt weitergekommen.
(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD –
Staatsminister Lewentz: Es kehrt Frieden ein!)
Es ist auch nicht so, dass bei dieser Reform etwas durchgezogen wird, ohne zu schauen, was vor Ort passiert.
Herr Kollege Noss hat es doch schon ausgeführt, wie viele freiwillige, vor Ort entschiedene Fusionen wir haben. Gleich im Anschluss mit dem nächsten Tagesordnungspunkt
kommen drei weitere hinzu.
Es ist auch nicht so, dass man nicht bei jedem einzelnen Fall die Willens- und Meinungsbildung vor Ort und auch die Besonderheiten vor Ort entsprechend anschauen würde. Deswegen haben wir auch gesagt, dass wir einen Teil der Ebene der Verbandsgemeinden, insbesondere dort, wo Lösungen über Kreisgrenzen hinweg sinnvoll sind, in die nächste Stufe bis zum Jahr 2019 mit aufnimmt, aber eben auch mit aufnimmt und nicht entsprechend aussetzt. Deswegen orientieren wir uns auch maßgeblich am Bürgerwillen.
Ich erinnere nur an die Fusion Eich-Osthofen, wo ein Bürgerentscheid eine andere Lösung als die zunächst präferierte gefordert hatte und dieses Haus, dieser Landtag, diese Koalition darauf eingegangen ist und diese Lösung realisiert hat.
Aber wer hintertreibt denn den Bürgerwillen bei Ihnen zu Hause in Treis-Karden, Frau Beilstein? Wer verschleppt denn die Entscheidung zum Wechsel der Hunsrück- Gemeinden in die Verbandsgemeinde Kastellaun?
(Zurufe der Abg. Licht und Frau Klöckner, CDU: Das Gesetz, das Gesetz!)
Das ist doch die CDU. Wir wären doch längst bereit gewesen, heute darüber zu sprechen. Wir haben gesagt, die Gemeinden wollen es, die Bürger haben sich dafür entschieden, und vor Ort herrscht dazu ein großer Wille bei den Bürgerinnen und Bürgern – zwar noch nicht überall bei der CDU –, und deswegen machen wir das auch so. – So machen wir es auch in anderen Fällen.
(Licht, CDU: Das haben die in Thalfang auch entschieden! Warum machen Sie es in
Thalfang nicht?)
Hören Sie doch auf, durchs ganze Land zu rennen und zu behaupten, es sei überall der Teufel los. Natürlich gibt es auch Kommunen, die sich verweigern. Natürlich gibt es auch zumindest die Absicht, in einzelnen Fällen zu klagen. Das ist auch das gute Recht einer Kommune.
Ich finde das vollkommen in Ordnung, und ich glaube auch, dass wir am Anfang eines Prozesses mit mehreren Stufen stehen, was die Kommunal- und Verwaltungsreform anbelangt, und dass es mit Sicherheit, wenn es zu einem solchen Verfahren kommt, noch einmal gute Hinweise aus juristischer Sicht geben kann, wie die weiteren Verfahren aussehen. Ich glaube, deswegen kann man dem ganz entspannt entgegensehen. Das ist
in einem Rechtsstaat nichts, womit man polemisierend herumziehen sollte, sondern das ist das Recht einer jeden Kommune.
Allerdings kann ich nicht akzeptieren, wenn Ratsmitglieder, die eine Meinung haben, zu der man stehen kann, wie man will, mit Anzeigen eingeschüchtert werden sollen, wie es in Treis-Karden geschehen ist. Das ist außerhalb der zulässigen demokratischen Debatte.
Ich finde, so können wir in diesem Land nicht miteinander umgehen. Ich bitte Sie, auch Ihre Kolleginnen und Kollegen in Ihrer Landespartei ein Stück weit zu mäßigen. Wir können die Argumente austauschen, aber man sollte nicht anfangen, sich gegenseitig mit Bedrohungen
zu konfrontieren.
Wir werden diese Kommunalreform fortsetzen. Wir werden diejenigen Kommunen, die sich freiwillig mit Lösungen vor Ort auf den Weg gemacht haben, bis zur Kommunalwahl in die neue Gebietskörperschaft überführen. Wir werden über diejenigen Kommunen, die das nicht geschafft haben, die aber nach Landesgesetz und nach Rechtsgleichheit entsprechend zusammengelegt werden müssen, in jedem Fall hier sprechen und debattieren. Wir sind weiterhin offen für alternative konstruktive Vorschläge aus den Reihen der Bürgerinnen und Bürger und aus den Reihen der kommunalen Parlamente.
Aber eines ist klar: Man kann diesen Zug nicht aufhalten, weil wir auch Rechtsgleichheit gewähren müssen und – der Kollege Noss hat das gesagt – weil wir all denen, die sicherlich auch in schwierigen Diskussion vor Ort gemeinsame Lösungen in konstruktiver Art und Weise gefunden haben, einen Bärendienst erweisen würden, wenn wir jetzt einfach sagen, wir streichen ein Datum, wir wissen nicht, bis wo und bis wann, und die, die sich konstruktiv am Prozess beteiligt haben, sind die Gekniffenen.
Da werden wir nicht mitgehen.
Herzlichen Dank.
(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)
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