Landtag Rheinland-Pfalz – 16. Wahlperiode – 53. Sitzung, 4. Juli 2013
Vizepräsident Dr. Braun:
Da Kurzinterventionen nur auf Reden und nicht auf Kurzinterventionen zulässig sind, kommen wir jetzt zu dem nächsten Redner.
Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht Herr Fraktionsvorsitzender Köbler.
Abg. Köbler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:
Herr Baldauf, als Ise Thomas hier noch geredet hat, hatte die Opposition auch noch ein wirtschaftspolitisches Konzept.
(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD –
Baldauf, CDU: Deshalb seid Ihr alle rausgeflogen!)
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Liebe Ministerin Eveline Lemke, ich muss sagen, dass es mich schon ein Stück weit mit Stolz erfüllt hat, es war schon ein gewisser historischer Moment, nicht nur die erste Regierungserklärung einer grünen Ministerin in Rheinland- Pfalz, sondern es war tatsächlich die erste wirtschaftspolitische Regierungserklärung einer grünen Ministerin bundesweit.
(Heiterkeit bei der CDU)
Dafür möchte ich auch im Namen meiner Fraktion herzlich danken. Ich glaube, es ist eine gute Gelegenheit, nach zwei Jahren in dieser Verantwortung zu schauen, wie die Bilanz aussieht. Es gab doch gewisse Unkenrufe. Es wurden schwarze Bilder von schwarzen Parlamentariern gezeichnet. Schauen wir doch einmal an, wie es aussieht.
Rheinland-Pfalz war, ist und bleibt ein attraktiver Wirtschaftsstandort.
Wir haben nach wie vor eine gute Mischung aus flexiblen und dynamischen kleinen und mittleren Unternehmen. Wir haben einen starken Mittelstand. Wir haben weltweit erfolgreich wirtschaftende Konzerne, große bekannte wie kleine Hidden Champions, und wir haben eine robuste Struktur trotz einer europa- und weltweit nicht einfachen Wirtschaftssituation.
Also nach zwei Jahren Rot-Grün, nach zwei Jahren grüner Verantwortung im Wirtschaftsministerium kann man sagen, der Wirtschaftsstandort Rheinland-Pfalz steht hervorragend da. Wir sind im Wachstum besser als der Bundesschnitt. Wir haben bundesweit nach wie vor die beste Infrastruktur eines Flächenlandes. Unsere Arbeitslosenquote ist die drittniedrigste in Deutschland.
Ich glaube, es passt zu Eveline Lemke, dass sie sich das nicht an das Revers geheftet hat, sondern dass sie dafür den Unternehmerinnen und Unternehmern, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und den Menschen in unserem Land gedankt hat. Diesem Dank möchte ich
mich auch für die Fraktion ausdrücklich anschließen, meine Damen und Herren.
(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)
Der Kontrast zwischen Zukunft und Vergangenheit konnte größer nicht sein, wie die Replik auf die Regierungserklärung durch Frau Klöckner gezeigt hat. Das war kein wirtschaftspolitisches Konzept, das war eine Aneinanderreihung von Frechheiten, Unterstellungen und Worthülsen, meine Damen und Herren.
(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)
Ich will gar nicht so stark darauf eingehen, aber ein paar Beispiele muss ich doch nennen.
Frechheit. Frau Klöckner hat behauptet, dass diese Regierungserklärung zustande gekommen ist, weil sie es beim LVU-Unternehmertag gefordert habe. Ich war am LVU-Unternehmertag am 28. Mai dieses Jahres zugegen. Angemeldet wurde die Regierungserklärung vom Wirtschaftsministerium am 28. April dieses Jahres, einen Monat vorher, das heißt, diese Regierungserklärung war längst angemeldet, als Frau Klöckner es gefordert hat.
(Frau Klöckner, CDU: Bei uns wurde nichts angemeldet!)
Es ist eine Frechheit, dies hier zu behaupten, meine Damen und Herren.
(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)
Unterstellungen. Sie haben in puncto Bad Bodendorf mit Unterstellungen gearbeitet, die sämtlich in Antworten auf mehrere Anfragen von der Landesregierung ausgearbeitet sind. Unter anderem ist es einfach unwahr, dass ein entsprechendes Schreiben mit dem Briefkopf der Ministerin herausgegangen ist. Wenn Sie Ihre Antworten auf Ihren eigenen Anfragen lesen würden, dann hätten Sie gewusst, dass Sie die Unwahrheit erzählen, Frau Klöckner.
Worthülsen. Was ich wirklich nicht mehr hören kann, ist Moratorium.
Jetzt fordern Sie ein Steuermoratorium. Wie lange wollen Sie denn keine Steuern mehr erheben? Wann müssen wir wieder Steuern bezahlen? Woher kommt eigentlich das Geld? – Alles Fragen, die man sich stellt.
Das Steuerkonzept der Union hätte man vielleicht verstanden, falls es eines gäbe, wenn es in der Union eine Debatte darüber gegeben hätte. Aber wie ist das Programm der Union zustande gekommen? – Sie und elf weitere Konservative treffen sich hinter verschlossenen Türen und legen uns hinterher ein Programm vor, mit dem Sie sagen, es gibt keine Steuererhöhungen, aber Mehrausgaben von 30 Milliarden Euro. Frau Klöckner, wissen Sie, ich fordere an dieser Stelle auch ein Moratorium, dass Sie uns bitte mit Forderungen nach Moratorien bis zum Ende der Legislaturperiode verschonen. Herzlichen Dank.
(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)
Dann haben Sie kritisiert – Sie sind schon ein Stück weitergekommen; Sie haben das Organigramm der Landesregierung gelesen –, dass die Bereiche Infrastruktur und Wirtschaftsministerium im Kabinett getrennt sind. Beantworten Sie mir die Frage, meinen Sie das Landes- oder das Bundeskabinett, in dem Wirtschaft und Infrastruktur auch getrennt sind. – Das ist es wohl, wenn Ihnen nichts mehr einfällt, als zu kritisieren, dass jetzt Wirtschaft, Klimaschutz und Energie zusammen sind und Infrastruktur im Innenministerium. Dann ist Ihnen wirklich nicht viel eingefallen, was Sie an dieser Regierungserklärung zu kritisieren haben. Vielleicht haben Sie es auch nicht wirklich verstanden, weil, auf die zentralen Herausforderungen der Zukunft sind Sie überhaupt nicht eingegangen.
Rheinland-Pfalz – Frau Ministerin Lemke hat es gesagt – ist auch in der Vergangenheit immer auf die zentralen Herausforderungen der Zeit und der Zukunft eingegangen und hat sie gemeistert. So auch heute. Deswegen diese Regierungserklärung. Dazu gehört, dass sich die rot-grüne Koalition im Bereich der Wirtschaftspolitik auf den sozial-ökologischen Wandel begeben hat. Die Wirtschaft kann nur langfristig erfolgreich sein, wenn sie die Situation der Menschen in unserem Land tatsächlich verbessert und unsere natürliche Lebensgrundlage hierbei nicht zerstört.
Unser Wohlstand heute ist doch nichts wert, wenn er die Bedingungen untergräbt, von denen der Wohlstand unserer Kinder und Kindeskinder abhängt, meine Damen und Herren.
(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)
Frau Lemke hat es ausgeführt: Natürlich brauchen wir ein Wachstum, aber kein rein quantitatives Wachstum, das den Ressourcenverbrauch außen vor lässt, sondern ein qualitatives Wachstum, das Ressourceneffizienz gewährleistet und sozialinklusiv aufgestellt ist; denn es ist ein Dreieck geworden: Wirtschaftliche Prosperität, natürliche Lebensgrundlage, aber im Zentrum unseres Wirtschaftens und politischen Handelns steht am Ende immer noch der Mensch.
Nur wenn wir uns die Grundlagen für die Zukunft des Wirtschaftens, aber auch unseres gesellschaftlichen Lebens heute erhalten, dann können wir auch in Zukunft noch erfolgreich wirtschaften. Deswegen hat Frau Lemke dargestellt, wie eine ressourcensparende Wirtschaftsweise in Rheinland-Pfalz zu organisieren ist. Nur so können wir die Folgen des Klimawandels begrenzen und gleichzeitig unsere eigene Wohlfahrt wie auch die kommender Generationen sichern und ausbauen. Frau Klöckner, es ist schon bezeichnend, dass angesichts der Herausforderung des weltweiten Klimawandels das Wort „Klimaschutz“ in Ihrer Rede nicht ein einziges Mal vorkam.
(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)
Sie müssen nicht mir glauben, und Sie müssen noch nicht einmal der Wirtschaftsministerin glauben, glauben Sie einem rheinland-pfälzischen Unternehmen. Ich darf zitieren: Als weltweit führendes Unternehmen einer energieintensiven Branche hängt unser Erfolg von einer langfristig gesicherten Versorgung mit Energie und Rohstoffen ab. Da die fossile Rohstoffbasis begrenzt ist, setzen wir uns für eine nachhaltige Energiepolitik ein. – Und weiter: Die nachhaltige Effizienzsteigerung von Energie und Rohstoffnutzung hat bei uns erste Priorität. Schon heute leisten wir einen dreifachen Beitrag zur Ressourcenschonung, durch eine hocheffiziente Produktion und Energieversorgung an unseren Verbundstandorten, durch innovative Produkte und Verfahren sowie durch den Ersatz fossiler durch nachwachsende Rohstoffe.
–
Frau Klöckner, Sie müssen nicht Frau Lemke oder mir glauben, glauben Sie einfach der BASF.
(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD –
Frau Brede-Hoffmann, SPD: Richtig!)
Es ist schon schwierig, wenn man Nachhaltigkeit nicht definieren kann. Wir versuchen es einmal mit der Definition der Weltkommission für Umwelt und Entwicklung. Die könnten Sie schon kennen, da sie von 1987 ist. Da heißt es: Nachhaltigkeit beschreibt eine dauerhafte Entwicklung, und eine dauerhafte Entwicklung ist Entwicklung, die die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt, ohne zu riskieren, dass künftige Generationen ihre eigenen Bedürfnisse nicht befriedigen können. –
Deswegen setzen wir auf ein nachhaltiges Wachstum, und deswegen geht die rheinland-pfälzische Wirtschaftspolitik genau in diese Schnittstelle von Umwelt und Wirtschaft und löst den alten Gegensatz zwischen Ökologie und Ökonomie auf, nicht nur, weil es für uns eine ökologische Herausforderung und ökologische Frage ist, sondern auch, weil es ein riesiges ökonomisches Potenzial hat. Was wir mit der Energiewende bereits an ökonomischem Potenzial in Rheinland-Pfalz umsetzen, greift auf immer mehr Wirtschaftssektoren über. Eine moderne Wirtschaftspolitik, die sich gleichzeitig an den Bedürfnissen und an den Zukunftsperspektiven von Unternehmen, aber auch an den Bedürfnissen von Menschen und den Schutz unserer natürlichen Lebensgrundlage orientiert, ist heute nicht nur ökologisch nötig, sondern in Zukunft auch wirtschaftlich erfolgreich. Das hat Frau Lemke in eindrucksvoller Weise dargestellt, meine Damen und Herren.
(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)
Ich will fünf Prinzipien eines solchen sozialökologischen Wirtschaftens noch einmal kurz beleuchten. Das ist:
1. dass Nachhaltigkeit als Schlüsselprinzip unseres Wirtschaftens implementiert wird,
2. dass Wirtschaftspolitik gemeinsam mit den Akteuren der Wirtschaft im Dialog gestaltet wird,
3. ein Schwerpunkt auf Innovation und Wissenstransfer,
4. gute Bildung von Anfang an, auch zur Fachkräftesicherung und
5. – dazu haben wir leider auch nicht viel von Ihnen gehört, Frau Klöckner – die soziale Basis.
Gute Wirtschaft braucht gute Arbeit.
Nachhaltigkeit: Wir müssen unser Wirtschaften langfristig vom Ressourcenverbrauch entkoppeln. Wir befinden uns dabei am Anfang einer Ära. Da schlummert ein unglaubliches wirtschaftliches Potenzial. Die Boston Consulting Group hat im Auftrag des BDI, nicht des BUND, errechnet, dass im Bereich der Effizienzsteigerung von Produkten im Bereich erneuerbare Energien und im Bereich der Gebäudeeffizienz Umsatzchancen in Deutschland bis 2020 von 60 Milliarden Euro liegen. Im Bereich der Umweltwirtschaft – Frau Lemke hat es angesprochen – reden wir mittlerweile über Umsatzvolumen in 2011 in Höhe von 4,6 Milliarden Euro. Nicht nur das, wir reden mittlerweile über 16.000 Beschäftigte in Rheinland-Pfalz. So viel hat beispielsweise auch der Ernährungssektor. Nachhaltiges Wirtschaften ist nicht nur eine ökologische Herausforderung, sondern auch ein unglaubliches Potenzial für wirtschaftliche Dynamik und Arbeitsplätze. Deswegen können wir keine Politik von gestern machen, wie es die CDU hier vorgetragen hat, sondern wir müssen wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen für morgen und übermorgen setzen; denn die First-Mover werden auch hier die langfristigen Gewinner sein. Rückwärtsgewandte Wirtschaftspolitik hingegen, die auf solche gestrigen Konzepte fokussiert, wird keine Zukunft haben. Frau Klöckner, der Webstuhl und die Dampfmaschine stehen heute im Museum. Nur mit ständiger
Bereitschaft zur Erneuerung bleibt unser Land langfristig erfolgreich, meine Damen und Herren.
(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)
Sie haben es doch selbst ausgeführt. Zwar haben Sie das mit der Green Economy nicht ganz verstanden, weil sich Green Economy nicht nur auf die Umweltwirtschaft, sondern eine Wirtschaftsform beschreibt, die sich durch innovationsorientiertes ökologisches und partizipatives Wachstum auszeichnet und die einerseits von der Umwelttechnikbranche getragen ist, aber andererseits auch von Unternehmen aus klassischen Wirtschaftszweigen, die eine Nachhaltigkeitsstrategie verfolgen und sie auf allen Ebenen integriert haben. Das müssen Sie nicht mir glauben, aber glauben Sie es Ihrem Bundesumweltminister. Aus seinem Haus stammt diese Definition.
Sie haben jetzt schon erkannt, dass Windräder auf Stahl angewiesen sind. Genau das ist es doch. Damit zeigt man doch, dass dieses grüne Wirtschaften, diese Green Economy, positive Effekte auf Wirtschaftssektoren hat, wie die Stahlindustrie, die eben nicht sozusagen den klassischen Umwelttechnologien angehören. Gehen Sie einmal in die rheinland-pfälzischen Gießereien, wie die sich dafür bedanken, dass Windkraftanlagen ausgebaut werden. Das bedeutet für sie volle Auftragsbücher. Das ist für sie ökonomische Prosperität. Das bedeutet auch den Erhalt mittelständischer Arbeitsplätze in Rheinland-Pfalz. Dazu trägt die Energiewende ganz entscheidend bei, meine Damen und Herren.
(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)
Wir stehen im ständigen Dialog mit der Wirtschaft. Eveline Lemke hat es genannt, ob es die Dialogindustrieentwicklung ist, der Ovale Tisch für Ausbildung und Fachkräftesicherung oder der Mittelstandstag. Auch wir als Fraktion sind im ständigen Kontakt mit der LVU, mit der
IHK und der Handwerkskammer. Wir haben einen wunderbaren Antrag zum Handwerk gemeinsam mit den Kammern entwickelt und hier beschlossen. Es sind fruchtbare Dialoge, bei denen beide Seiten noch etwas lernen. Natürlich ist man nicht immer einer Meinung. Das ist völlig in Ordnung in der politischen Auseinandersetzung. Frau Klöckner, wenn man regiert, kann man es nicht allen wohl machen, sondern da muss man auch schauen, dass man Kompromisse macht, gemeinsame Wege findet und manchmal auch entscheidet. Aber glauben Sie mir eines: Wenn Sie die Wirtschaft fragen, ob sie in Rheinland-Pfalz noch mehr Straßen oder mehr Geld für Wissenschaft, Forschung und Bildung braucht, wird die rheinland-pfälzische Wirtschaft immer sagen, wir brauchen vor allem Wissenschaft, Forschung und Bildung. Deswegen braucht unsere nachhaltige Wirtschaftspolitik vor allem Innovationen. Frau Klöckner, eine Wirtschaftspolitik à la Adenauer und Erhard, keine Experimente, wird uns an der Stelle um Jahre zurückwerfen. Wir brauchen genau diesen Wissenstransfer aus unseren Hochschulen und Forschungsinstitutionen durch unsere Clusterpolitik beispielsweise in die Unternehmen und in die Wirtschaft. Aber wir müssen auch Räume geben für Experimentierfelder, sonst werden wir keine Innovationsschübe in Rheinland-Pfalz und in unserem Land haben, wenn es um Effizienz, um ökologische Baustoffe, nachhaltige Stadtentwicklung und Infrastrukturplanung geht. Seien Sie nicht so fortschritts- und innovationsfeindlich,
(Heiterkeit der Abg. Frau Klöckner, CDU)
sondern gehen Sie auch diesen Weg des Dialogs zwischen Hochschulen und Unternehmungen und den Bürgerinnen und Bürgern mit, die vor Ort das Ganze mitgestalten. In diesem Bereich ist Rheinland-Pfalz ganz vorne mit dabei, und Frau Lemke hat wesentliche Bausteine genannt, wie wir diesen Innovationstransfer weiter ausbauen können; denn wir wissen: Ohne Innovation wird es keinen Fortschritt geben, und die Innovation, die wir in Rheinland-Pfalz generieren, wird in diesem Land die Wirtschaft stärken und die Arbeitsplätze sichern, meine Damen und Herren.
(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)
Aber es fängt schon früher an. Wir brauchen eine gute Bildung für alle Kinder von Anfang an, und zwar ohne soziale Hürden. Dies ist ein knallharter Wirtschaftsfaktor geworden, gerade auch für Rheinland-Pfalz. Frau Klöckner, wenn Sie über Steuern reden, verkennen Sie, dass gute Bildungsinstitutionen steuerfinanziert sind. Der Staat braucht diese Einnahmen, wenn er dieses gute Bildungsniveau von der Kita über die Schule, die duale Ausbildung bis hin in die Hochschule garantieren will, und dies noch ohne soziale Hürden und möglichst beitragsfrei, wie wir es in Rheinland-Pfalz umsetzen. Sie können nicht auf der einen Seite fordern, dass wir uns nicht für höhere Einnahmen einsetzen sollen, und Sie können nicht auf der anderen Seite immer mehr Lehrerinnen und Lehrer bzw. weniger Unterrichtsausfall
fordern, wenn Sie es nicht finanzieren können. Ich verspreche Ihnen, wenn es gelingt, die Steuereinnahmen in Rheinland-Pfalz auch strukturell und substanziell mit einer neuen rot-grünen Bundesregierung zu erhöhen, werden wir noch intensiver und noch stärker insbesondere im Bildungsbereich investieren, weil unsere Wirtschaft auch davon profitiert, wenn sie gut ausgebildete junge Menschen mit einem akademischen Abschluss im Beruf hat und weil dies auch ein Beitrag dazu ist, das qualitativ hochwertige Niveau unserer Unternehmen zu sichern und dem Fachkräftemangel etwas entgegenzusetzen. Aber dafür braucht es einen starken Staat, und dafür braucht es starke öffentliche Bildungseinrichtungen, die wiederum steuerfinanziert sind. Ein Steuermoratorium würde genau das untergraben. Damit untergraben Sie die Zukunftschancen unserer Unternehmen in Rheinland- Pfalz von morgen, Frau Klöckner. Eine gute Wirtschaftspolitik braucht aber auch eine soziale Basis. Gute Wirtschaft braucht auch gute Arbeit. Insoweit ist es schon in gewisser Form eine Frechheit, wenn Sie nur auf die Arbeitslosenzahlen verweisen; denn damit hat nur die Bundesregierung etwas zu tun. Ich hätte mir gewünscht, dass die Bundesregierung unterbindet, dass die Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg die Arbeitslosenzahlen schönt, dann hätten wir in Rheinland-Pfalz vielleicht ein ehrliches Bild. Aber Sie haben nichts gesagt über die Qualität der Arbeit. Ohne einen Mindestlohn, ohne die unbefristete Beschäftigung und mit der ausufernden Praxis immer neuer Folgen von Praktika und Werkverträgen werden in Rheinland-Pfalz auch keine Familien gegründet, wird es in Rheinland-Pfalz auch keine prosperierende Wirtschaft geben; denn wer investiert schon im privaten Bereich, wenn er keine gesicherte wirtschaftliche Zukunft mit seiner Familie hat? Wer will dann überhaupt noch konsumieren? Was bedeutet es eigentlich für die Binnenkonjunktur, wenn die Menschen einen unwürdigen Stundenlohn erhalten, wenn sie Aufstocker sind beim Staat und sich kaum noch etwas leisten können? –
Für den rheinland-pfälzischen Einzelhandel und für den rheinland-pfälzischen Mittelstand ist es enorm wichtig, dass die Familien, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in unserem Land sichere und auskömmliche Arbeitsplätze haben, weil sie regional und vor Ort wieder investieren können. Deswegen sage ich, gute Wirtschaft in Rheinland-Pfalz braucht auch gute Arbeit, und dafür steht Rot-Grün in Rheinland-Pfalz, meine Damen und Herren.
(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)
Lassen Sie mich das Bekenntnis von Frau Ministerin Lemke zum Industriestandort Rheinland-Pfalz wiederholen.
Wir haben in der Krise gesehen, dass wir dort in Europa, wo der produzierende Sektor eben nicht abgebaut wurde, relativ gut durch die Krise kamen. Aber – dazu sind wir auf einem hervorragenden Weg – wir müssen angesichts von Rohstoffknappheit und Klimawandel auch für einen ökologischen Umbau der Industriegesellschaft sorgen. Die BASF tut dies, und sie tut es schon länger, als es Rot-Grün in Rheinland-Pfalz gibt. Sie sind diesbezüglich ganz weit vorne. Dort sollten Sie vielleicht einmal hingehen. Es ist schon etwas Neues, dass sowohl das größte rheinland-pfälzische Unternehmen als auch die Gewerkschaften in einem offenen Brief dazu auffordern, dass Angela Merkel und die von ihr geführte schwarz-gelbe Bundesregierung endlich diese Potenziale erkennt. Die IG-Metall veröffentlichte am 3. Juli einen offenen Brief an die Bundeskanzlerin, in dem sie schreibt, dass sie die Einschätzung der Bundesregierung teilt, dass die Energiewende unkoordiniert läuft und vor die Wand zu fahren droht – dies hat auch das Bundeswirtschaftsministerium geteilt –, und dass sie den Bundesumweltminister auffordert, endlich für klare Rahmenbedingungen zu sorgen; denn „nur so kann die Energiewende zum Motor für eine nachhaltige ökologische Modernisierung der Industriegesellschaft werden. Neue Technologien eröffnen Betrieben nicht nur Märkte, sondern sichern bereits heute 100.000 Arbeitsplätze. Sie leisten einen unverzichtbaren Beitrag für Klima- und Umweltschutz.“
Das heißt, Unternehmer und Gewerkschaften haben längst registriert, dass der sozial-ökologische Wandel auch in unserer Wirtschaft gestaltet werden muss, um den Herausforderungen des Klimawandels zu begegnen, aber eben auch, um die Arbeitsplätze und die ökonomische Innovation in unserem Land und in der Bundesrepublik Deutschland zu erhalten. Die Bremse für den Aufbruch in eine wirtschaftliche Zukunft dieser Art sitzt in Berlin, diese Bremse ist Frau Dr. Angela Merkel und ihre schwarz-gelbe Bundesregierung, und diesem Spuk muss auch aus wirtschaftspolitischem Interesse der Bundesrepublik Deutschland heraus am 22. September endlich ein Ende bereitet werden, meine Damen und Herren.
(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)
Wir in Rheinland-Pfalz arbeiten kontinuierlich am sozialökologischen Wandel auch unserer Wirtschaftsstrukturen. Wir werden auch weiterhin alles daran setzen, unsere Wirtschaft wie unsere Gesellschaft so aufzustellen, dass sie auch morgen noch erfolgreich sein kann. Wir unterstützen die rheinland-pfälzische Wirtschaft darin, den Menschen in unserem Land zukunftsfähige, sichere und gut bezahlte Arbeitsplätze anzubieten, und auch nicht zuletzt darin, ihren Beitrag zum Klimaschutz und zur Energiewende einzubringen; denn es geht um nicht weniger als den sozial-ökologischen Umbau auch unserer Wirtschaft, den wir konsequent auf Nachhaltigkeit ausrichten wollen, um den Herausforderungen von morgen heute schon zu begegnen. Wer heute die richtigen Weichenstellungen setzt, der wird morgen wirtschaftlich eine goldene Zukunft haben.
Wir sind in einer Situation, die durchaus von einigen Experten mit den Modernisierungsschüben der Gründerzeit am Ende des 19. Jahrhunderts oder in der Nachkriegszeit verglichen wird. Der eine oder andere spricht sogar von der vierten industriellen Revolution. Damit dies in Rheinland-Pfalz gut gelingt, muss Politik verlässliche Rahmenbedingungen setzen. Frau Ministerin Lemke hat deutlich gemacht, in der Verlässlichkeit liegt der Unterschied zwischen Rot-Grün in Rheinland- Pfalz und Schwarz-Gelb im Bund; denn nur wer verlässliche Rahmenbedingungen setzt, ermöglicht planbare Investitionen auch für die Unternehmen. Deswegen hat Frau Lemke das getan, was Herr Professor Dr. Carlo Jaeger vom Potsdam Institut für Klimafolgenforschung eingefordert hat. Er sagte: Ein glaubwürdiges Engagement für den Übergang zu einer emissionsarmen Wirtschaftsweise mit einem ehrgeizigen Ziel und entsprechenden politischen Maßnahmen befördert Klimaschutz und Wachstum.
Genau für diese Verlässlichkeit und Glaubwürdigkeit steht Rheinland-Pfalz, und dafür steht auch die Wirtschaftspolitik der Landesregierung. Wir orientieren uns an einer nachhaltigen, modernen Wirtschaftspolitik für das Morgen in Rheinland-Pfalz. Wir orientieren uns im Dialog stark an den Bedürfnissen der Wirtschaft wie auch der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, also der Menschen, und eben auch der Umwelt und der Natur in unserem Land Rheinland-Pfalz. Eveline Lemke hat deutlich gemacht, dass wir mit Rot-Grün in Rheinland-Pfalz zukunftsfähige Strukturen sichern und ausbauen wollen und werden, die es auch unseren Kindern ermöglichen, ein glückliches und erfolgreiches Leben zu führen. Anstatt Frau Klöckner hätte ich mir dann doch eher einen anderen CDU-Politiker gewünscht, der hier schon vor einigen Monaten gesprochen hat. Ich möchte dabei Klaus Töpfer zitieren. Frau Klöckner, nehmen Sie sich das Zitat zu Herzen: „Es ist eine alte deutsche Krankheit, dass man mit dem Hinweis auf das Beste von morgen das Gute von heute nicht macht und das Schlechte von gestern bleibt.“
Wir, Rot-Grün in Rheinland-Pfalz – Frau Ministerin Lemke hat es deutlich gemacht –, tun heute das, was für unsere Wirtschaft und für unsere Gesellschaft die besten
Zukunftschancen bietet. Wir setzen heute die Rahmenbedingungen für ein gutes Morgen.
Herzlichen Dank.
(Anhaltend Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)
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