Verkaufsgesetz Flughafen Hahn

Landtag Rheinland-Pfalz – 17. Wahlperiode – 5. Sitzung, 23.06.2016

Präsident Hendrik Hering:

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Herr Kollege
Köbler das Wort.
Abg. Daniel Köbler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Betrieb
oder Besitz eines Regionalflughafens ist nicht Aufgabe
eines Staates oder eines Bundeslandes. Das war mich
die Quintessenz der gestrigen Sitzung. Es freut mich als
Grünen natürlich, dass jetzt nach so vielen Jahren und
nach einem langen Prozess diese Erkenntnis doch hier in
der übergroßen Mehrheit des Hauses gereift ist.
(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Das
glaube ich!)
Das bedeutet auch, dass es absehbar ist, dass mit Steuergeldern
in Rheinland-Pfalz Regionalflughäfen in Zukunft
nicht weiter subventioniert werden. Das ist zunächst einmal
die gute Botschaft der Veräußerung der FFHG und
des Flughafens Hahn für die rheinland-pfälzischen Steuerzahler.
Dieser Prozess hat – der Kollege Roth hat es ausgeführt,
die FDP hat das sehr gut beobachtet – eine Vorgeschichte,
im Prinzip die komplette ganze letzte Legislatur – das ist
gestern ausgeführt worden – mit der Entschuldung und
der Sanierung der FFHG und letztlich auch mit dem Verkaufsprozess.
Frau Kollegin Klöckner hat sich gestern überrascht gezeigt,
dass das jetzt so plötzlich nach der Landtagswahl kommt.
Der Kollege Licht war heute weniger überrascht. Er hat
offensichtlich hier in den Plenardebatten und Ausschusssitzungen
in den vergangenen Jahren zugehört. Das ehrt
ihn sehr. Ich habe dann einmal das CDU-Wahlprogramm
der letzten Wahl durchgelesen. Das war hart, aber man
muss sich auch hart auf solche Debatten vorbereiten.
Liebe Frau Klöckner, da ist auf Seite 42, Zeile 987 vom
Verkaufsprozess des Hahn die Rede. Sie hätten also darauf
kommen können, dass das im Fluss ist, hätten Sie nur
das Landtagswahlprogramm Ihrer eigenen Partei gelesen,
das Sie hoffentlich vor der Landtagswahl diskutiert und
beschlossen haben.
(Abg. Julia Klöckner, CDU: Das ist jetzt
billig!)
Dann ist viel vom Thema Alternativen die Rede. Ich glaube,
es gibt im Leben und erst recht in der Politik immer
Alternativen. Die Frage ist nur, welche Folgen mögliche
Alternativen haben und ob die sinnvoll sind. Jenseits der
politischen Überzeugung sind die Alternativen eben gegeben
zum Beispiel durch die Situation des Landeshaushalts,
zum Beispiel durch die aktuelle Struktur der FFHG, aber
letztlich doch durch die Flughafenleitlinien der Europäischen
Kommission aus dem Jahr 2014, die uns entsprechend
rechtlich binden.
Da sehen wir, dass die Europäische Kommission gesagt
hat, der Betrieb von Regionalflughäfen durch ein Land ist
auf absehbare Zeit nicht mehr machbar. Das ist beihilferechtswidrig.
Es gibt eine Übergangszeit von zehn Jahren
bis 2024. Konkret beim Flughafen Hahn wurde gesagt, hier
dürfen noch, wenn eine entsprechende Fortführungsprognose
da ist, in diesem Zeitraum bis zu gut 50 Millionen
Euro an Steuergeldern investiert werden.
Was ist die Alternative? Man versucht sozusagen die
schwarze Null als Staat zu erreichen. Gestern ist ausgeführt
worden, härteste Sanierungsbemühungen haben
dazu geführt, das operative Ergebnis ungefähr um 8 Millionen
Euro zu verbessern. Es bleibt aber immer noch
eine Lücke von gut 15 Millionen Euro. Jetzt können Sie
einmal nachrechnen – das gehört nämlich zu Wirtschaftskompetenz
dazu, ein bisschen die Grundrechenarten zu
beherrschen –, wie lange das sozusagen auf dem Betriebsergebnis
in dem noch reichen würde, was die Europäische
Kommission zulässt. Das ist bis deutlich unter 2024.
Das bedeutet, wer wirklich für den Flughafenstandort ist
– wir Grüne stehen nicht im Verdacht, die glühenden Verfechter
dieses Flughafens zu sein –, der muss auch sagen,
zu der Veräußerung, zu der Privatisierung besteht überhaupt
keine Alternative. Doch, es besteht eine Alternative,
dass es nämlich den Flughafen so nicht mehr geben wird,
meine Damen und Herren.
(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,
der SPD und der FDP –
Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Das ist
die einzige Alternative!)
Dann ist die Frage der Alternativen, was die Käuferin oder
den Käufer angeht. Na ja, natürlich gibt es auch da immer
Alternativen; die Frage ist nur,
(Abg. Alexander Licht, CDU: Welche!)
nach welchem Verfahren und wie sich so ein Käufer ermittelt.
Es ist an dieser Stelle viel davon gesprochen worden,
dass sich Wirtschaftskompetenz sozusagen dadurch ergibt,
dass man möglichst keine Steuergelder mehr bezahlt
und man das alles möglichst privat organisiert, aber gleichzeitig
dafür sorgt, dass in der Zukunft alle unternehmerischen
und wirtschaftlichen Risiken politisch, das heißt von
Staats wegen, ausgeschlossen werden. Das ist Staatswirtschaft,
meine Damen und Herren, und in der leben wir nun
einmal nicht in der Europäischen Union,
(Abg. Uwe Junge, AfD: Das sagen wir
doch!)
sondern wir leben unter marktwirtschaftlichen Bedingungen,
die die EU-Kommission nun einmal vorgibt, und deswegen
ist in einem solchen diskriminierungsfreien Wettbewerb
derjenige zu nehmen, der vor allem auch den höchsten
Kaufpreis auf den Tisch legt. Dieser Kaufpreis bemisst
sich nicht an einer Zahl, die irgendwo unterm Strich steht,
sondern er bemisst sich schlicht und ergreifend dadurch,
dass Angebot und Nachfrage gegenübergestellt werden,
und in diesem Fall haben im Prinzip alle Beteiligten, alle
Experten, auch die EU-Kommission signalisiert, derjenige,
der dieses Angebot vorgelegt hat, hat nun einmal das überzeugendste
Kaufangebot gemacht und hat den höchsten
Preis angeboten.
(Zuruf des Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD)
So funktioniert Marktwirtschaft nun einmal. Darüber kann
man jetzt viel jammern, aber wenn man dies ändern will,
muss man das Wirtschaftssystem in Frage stellen und
eben nicht die rheinland-pfälzische Landesregierung, meine
Damen und Herren. Da ist Ihr Gejammer fehl am Platz.
(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,
der SPD und der FDP –
Abg. Uwe Junge, AfD: Das machen wir
nicht!)
Es ist viel von Vertrauen die Rede gewesen. Ich finde,
wenn wir über ein Landesgesetz reden, dann ist vielleicht
Vertrauen die falsche Kategorie.
(Beifall bei der AfD)
Die Frage ist vielmehr nach Nachvollziehbarkeit, Notwendigkeit
und Regelungsgehalt eines Gesetzes.
(Beifall der Abg. Kathrin Anklam-Trapp,
SPD)
Herr Licht, es geht beispielsweise um die Frage, die Sie
aufgeworfen haben: Welcher Wert hat dieser Flughafen? –
Über diese Frage kann man wahrscheinlich Abhandlungen
schreiben; letztlich – so habe ich es immer gelernt –
wird aber in einer Marktwirtschaft der Wert eines Objektes
von Angebot und Nachfrage reguliert, und Angebot und
Nachfrage waren eben so, wie es der Verkaufsprozess am
Ende hergegeben hat. Wir sind nicht in der Lage, politisch
per Landesgesetz den Kaufpreis vorzugeben. Das können
Sie tun, dann aber eher in einem System wie in Nordkorea
oder vielleicht in der ehemaligen Sowjetunion.
Ich komme zu dem Konzept des Käufers. Können wir politisch
dem Käufer das Konzept vorschreiben? Wir könnten
es tun, aber wir haben doch am Anfang der Debatte alle
gemeinsam festgestellt, der Staat ist nicht der bessere
Unternehmer, gerade wenn es darum geht, Flughäfen zu
betreiben. Warum fordern Sie dann im Umkehrschluss ein,
dass wir politisch, also wiederum von Staats wegen, einem
wie auch immer gearteten Investor vorschreiben, wie sein
Unternehmenskonzept zu bewerten ist?
(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Das tun wir
doch gar nicht! –
Zuruf des Abg. Uwe Junge, AfD)
Das ist doch genau das, was unsere Lehre ist und was wir
nicht mehr tun sollten.
(Abg. Alexander Licht, CDU: Wir würden es
gern einmal kennen! Wir würden es gern
bewerten, gar nicht einmal vorschreiben!)
Frau Klöckner, um Ihr Nürburgring-Syndrom vielleicht
schrittweise zu heilen, kann ich Ihnen verkünden, der Nürburgring
ist privatisiert, mit allen Schwierigkeiten, die es
dabei gab. Aber der Nürburgring läuft.
(Heiterkeit bei der AfD)
Der Nürburgring läuft weiterhin, und es finden dort Veranstaltungen
statt. Die Lichter sind dort noch nicht ausgegangen,
und das Beste ist, der rheinland-pfälzische Steuerzahler,
die rheinland-pfälzische Steuerzahlerin wird beim
Nürburgring nicht weiter belastet, und darauf kommt es
doch am Ende auch an.
(Beifall bei der SPD –
Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Es ist ja nur
eine halbe Milliarde Euro geflossen!)
Ich glaube, deswegen sollte man auch fein unterscheiden:
Was ist unsere politische Wunschvorstellung? – Dabei
mag es durchaus Unterschiede geben, aber dazu muss
man irgendwann einmal eine klare Äußerung treffen, liebe
CDU. Sind Sie für die Privatisierung des Flughafens
Hahn und für die Entlastung des rheinland-pfälzischen
Steuerzahlers, oder sind Sie für den Versuch, jenseits des
EU-Beihilferechts weiterhin eine staatliche Gesellschaft
am Hahn aufrechtzuerhalten und letztlich die unternehmerischen
Risiken weiterhin als Staat zu tragen? Ich glaube,
diese Grundentscheidung muss man treffen.
Danach geht es im weiteren Verfahren um den konkreten
Regelungsgehalt, und es ist die Frage: Was wird in diesem
Gesetz überhaupt geregelt? – Dabei stellt sich die Frage
von Transparenz.
Ich verstehe es sehr gut, dass man auch den Kaufvertrag
gern öffentlich diskutieren würde. Aber ich verstehe auch
sehr gut – das ist nun einmal so in privatrechtlichen Verträgen
–, dass es private Unternehmer nicht so gern haben,
wenn privatrechtliche Regelungsgehalte in der öffentlichen
Debatte stehen.
(Zuruf der Abg. Julia Klöckner, CDU –
Abg. Christian Baldauf, CDU: Ihr habt ja
noch nicht einmal gefragt! –
Zuruf des Abg. Alexander Licht, CDU –
Abg. Julia Klöckner, CDU: Transparenz gilt
für alle!)
Das ist eben der Konflikt, in dem man steht. Es ist kein
böser politischer Wille der Landesregierung, der Grünen
oder der Koalition, sondern das ist die Gemengelage.
Herr Licht, ich finde es auch vollkommen richtig, die vielen
Fragen, die Sie aufgeworfen haben, zu stellen. Ich halte
sie in den allermeisten Fällen für absolut gerechtfertigt
und für diskutierenswert. Aber man muss auch sehen, was
geregelt wird.
In zwei Fällen wird geregelt, was nach der Landeshaushaltsordnung
vorgegeben ist, dass der Landtag seine Einwilligung
zu geben hat, wenn Unternehmensanteile des
Landes veräußert werden oder wenn Grundstücke veräußert
werden. Im Übrigen sieht die Landeshaushaltsordnung
nicht vor, dass das per Gesetz gemacht werden
muss.
(Abg. Martin Haller, SPD: Richtig!)
Es würde theoretisch eine Entscheidung des Haushaltsund
Finanzausschusses ausreichen. Deswegen hat die
Landesregierung ein transparenteres Verfahren gewählt,
ein offeneres Verfahren, indem sie den Weg des Gesetzgebungsverfahrens
beschritten hat. Das muss man zunächst
einmal konstatieren und zugestehen, und deswegen ist
es ein im Verhältnis zu dem, was rechtlich geboten ist,
transparentes Verfahren.
Daneben geht es auch noch um Fragen wie die Haftungsfreistellung
und Umweltrisiken. Glauben Sie mir, dass dies
uns und meine Fraktion ganz besonders interessiert, wie
sich die Situation mit entsprechenden Altlasten darstellt
und die Frage der aufgekommenen Problematik mit PFT.
Aber diese Problematik hätten wir auch völlig unabhängig
von der Frage, ob der Betreiber nun das Land Rheinland-
Pfalz gemeinsam mit Hessen ist oder ob der Investor aus
China, Weißrussland oder Nordbayern kommt, meine Damen
und Herren. Aber ich halte es doch für eine wichtige
Frage, die wir zu eruieren haben.
Ich glaube, deswegen spricht auch nichts dagegen, wenn
auch der Landesrechnungshof im parlamentarischen Verfahren
mit einbezogen wird und seine Expertise mit einbringt.
Wir werden natürlich Anregungen, die das Gesetz
besser machen, wenn sie denn nachvollziehbar sind, in
dieses Gesetz mit aufnehmen.
(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: So ist
es!)
Herr Licht, von daher freue ich mich, dass Sie auch Konstruktivität
an den Tag gelegt haben. Ich finde, über einige
Punkte werden wir auch in den Ausschüssen und in der
Anhörung diskutieren. Umso verantwortungsloser finde ich
es, dass Ihre Fraktionsvorsitzende bereits letzte Woche
per Presse mitgeteilt hat, dass die CDU dem Gesetz so
oder so nicht zustimmen wird. Ich finde, so sieht verantwortungsvolle
Opposition nicht aus.
(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Das war
ein Klassiker! –
Abg. Kathrin Anklam-Trapp, SPD: Das ist
wahr!)
Wir gehen jetzt ins Verfahren, und ich bin sicher, am Ende
werden wir einen guten Prozess haben, und am Ende
steht vor allem eine Verbesserung für die Situation des
Landeshaushalts und damit für alle Steuerzahlerinnen und
Steuerzahler in Rheinland-Pfalz.
Herzlichen Dank.
(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,
der SPD und der FDP –
Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Sehr gut!)

Verwandte Artikel