Landtag Rheinland-Pfalz – 16. Wahlperiode – 55. Sitzung, 19. September 2013

Landtag Rheinland-Pfalz – 16. Wahlperiode – 55. Sitzung, 19. September 2013

 

 

Vizepräsident Schnabel:

Ich rufe die Aussprache über die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Daniel Köbler, Jutta Blatzheim-Roegler, Pia Schellhammer, Ulrich Steinbach, Dr. Dr. Rahim Schmidt und Gunther Heinisch (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN), Auswirkung des Urteils des hessischen Verwaltungsgerichtshofs zur Südumfliegung – Nummer 3 der Drucksache 16/2757 – betreffend, auf.

Das Wort hat der Kollege Köbler.

 

Abg. Köbler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:

Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Nach dem Ausbau des Frankfurter Flughafens und dem Bau der Nordwestlandebahn ist der Fluglärm in der Region, insbesondere auch in Mainz und Rheinhessen, kaum noch zu ertragen. Er ist unerträglich. Es erheben sich zu Recht zahlreiche Proteste dagegen, weil Kinder nicht mehr schlafen können, weil nachgewiesen wird, dass Menschen krank davon werden, und weil es die Lebensqualität hier in der Region massiv beeinträchtigt. Das Verwaltungsgerichtsurteil in Kassel ist ein weiteres Desaster für die Beteiligten, für die Verantwortlichen, namentlich die Fraport AG, die DFS und die schwarzgelbe Landesregierung in Hessen. Einmal mehr hat uns ein Gericht vor Augen geführt, dass die gesamten Planungen des Flughafenausbaus auf Lügen basieren, für die die schwarz-gelbe Regierung politisch die Verantwortung trägt.

 

(Pörksen, SPD: Bald ist sie weg! –

Baldauf, CDU: Das glaube ich aber nicht! –

Pörksen, SPD: Glauben Sie nicht? –

Baldauf, CDU: Nein!)

 

Die Lüge Nummer 1: Den Ausbau gibt es nur mit einem Nachtflugverbot. – So der ehemalige CDU-Ministerpräsident Roland Koch. Kaum kam der Ausbau, wurde das Nachtflugverbot von Schwarz-Gelb in Hessen gekippt. Erst ein Gerichtsurteil hat uns zumindest ein Nachtflugverbot von 23:00 Uhr bis 05:00 Uhr gebracht. Ich sage es Ihnen, wenn meine Kinder um 05:00 Uhr aufstehen und sagen: „Ich kann wegen den Flugzeugen nicht mehr schlafen“, dann wissen wir auch, dass die Nacht eigentlich nicht bis um 05:00 Uhr geht und dass es die Verantwortung von Fraport, DFS und Hessischer Landesregierung ist, dass die Kinder in Rheinland-Pfalz morgens müde zum Kindergarten und müde zur Schule gehen. Auch das muss am Sonntag ein Ende haben, meine Damen und Herren.

 

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

 

Lüge Nummer 2: Die Festlegung der Flugrouten, insbesondere der Südumfliegung, sei alternativlos. – Das Gerichtsurteil hat klipp und klar ausgeführt, dass die Alternativen noch nicht einmal ordentlich geprüft worden sind, geschweige denn die Beteiligten zu ihren Rechten gekommen sind. Wir wissen auch, dass es Ängste gibt, weil natürlich eine neue Festlegung der Flugrouten nicht bedeutet, dass es zu weniger Lärm insgesamt kommt, sondern es möglicherweise in manchen Landstrichen wieder zu mehr Lärm kommt. Das wissen wir auch. Aber woran liegt das denn? Das liegt doch daran, dass sich der Bund, der Bundestag mit seiner schwarz-gelben Mehrheit, unter anderem auch Initiativen aus Rheinland-Pfalz im Bundesrat verweigert, endlich auch bei der Festlegung von Flugrouten den Lärm- und Gesundheitsschutz der Menschen angemessen zu berücksichtigen und die Bürgerinnen und Bürger sowie die Kommunen in den betroffenen Regionen zu beteiligen. Da liegt die Verantwortung.

 

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

 

Lüge Nummer 3: Der Flughafenausbau ist ein Jobwunder für die Region. – Die Fraport AG hat den Ausbau mit der gigantischen Zahl von 100.000 neuen Jobs begründet.

 

Ich möchte Ihnen nur vortragen, wie viele neue Jobs im Jahr 2012 von der Fraport AG geschaffen worden sind. Es waren nicht 100.000. Es waren noch nicht einmal 100. Es waren 76. Das bedeutet, dieser ganze Ausbau ist auf Argumenten aufgebaut, die sich alle in Luft aufgelöst haben.

 

Meine Damen und Herren, der Ausbau ist auf Sand gebaut, und es wird Zeit, dass nach zwei Niederlagen vor Gericht, nach zwei Klatschen und nach dem Protest über alle Parteigrenzen hinweg, auf der rheinlandpfälzischen wie auf der hessischen Seite, nun endlich Vernunft auf der anderen Rheinseite einkehrt und sich auch Hessen den Bemühungen der Landesregierung in Rheinland-Pfalz anschließt, durch bundesrechtliche Grundlagen hier endlich für mehr Ruhe zu sorgen; denn dort liegen die Entscheidungshoheiten.

 

Ich bin sehr dankbar – insbesondere den Akteuren aus der Stadt Mainz, lieber Herr Reichel –, dass das hier auf dieser Rheinseite weitgehend Konsens ist. Ich weiß, dass Sie sich dafür immer sehr engagiert haben, und möchte Sie auch bestärken, das weiterhin zu tun. Ich glaube, es wäre gut, wenn auch heute aus der Debatte das Signal ausgeht, in Rheinland-Pfalz ziehen alle an einem Strang für mehr Lärmschutz, für mehr Rechtssicherheit und auch dafür, dass die Bürgerinnen und Bürger hier auf offene Ohren stoßen und ihre Ohren insbesondere in der Nacht nicht weiter von unerträglichem Fluglärm zugedröhnt werden.

 

Herzlichen Dank.

 

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

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