Landtag Rheinland-Pfalz – 16. Wahlperiode – 37. Sitzung, 08. November 2012
Vizepräsident Schnabel:
Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat der Kollege Köbler das Wort.
Abg. Köbler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:
Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Gäste!
Es gibt bei Koalitionsausschüssen eine Regel: Mache diese nie in Abwesenheit des Finanzministers. – Das führt nämlich dazu, dass viele Kühe gehandelt werden, aber der Preis dafür nicht wirklich bezahlt wird. Die Ergebnisse dieses Koalitionsausschusses sind ungedeckte Schecks zulasten von Ländern, Gemeinden und zukünftigen Generationen. Lassen Sie mich das kurz ausführen. Für die unsinnige Herdprämie,
(Frau Klöckner, CDU: Das ist eine Diffamierung von Männern und Frauen! So geht man nicht mit Menschen um!)
die Sie ja eigentlich schon zum 1. Januar des kommenden Jahres einführen wollten, die jetzt erst zum 1. August des kommenden Jahres eingeführt werden soll, ist die gute Nachricht, im September nächsten Jahres sind Bundestagswahlen. Das heißt, das Betreuungsgeld wird keine zwei Monate existieren. Dann wird eine rot-grüne Bundesregierung das Betreuungsgeld wieder abschaffen, meine Damen und Herren.
(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)
Das bedeutet, nur um die CSU in Bayern für die Landtagswahl zu puschen, werden hier bis zu 1,3 Milliarden Euro pro Jahr ausgegeben werden, die uns beim Ausbau der Kinderbetreuung fehlen. Das bedeutet weit über 50 Millionen Euro jedes Jahr, die an rheinlandpfälzischen Kinderkrippen und Kindertagesstätten fehlen. Deswegen ist dieser Kompromiss schlecht für Rheinland-Pfalz, meine Damen und Herren.
(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)
Die Anreize für die private Altersversorgung sind nichts als eine Subventionierung der Versicherungsindustrie, weil die Menschen, die darin einzahlen, überhaupt keine Anwartschaften in entsprechender Höhe erwerben können. Die ärmeren Familien haben nämlich gerade nichts davon. Die Versicherungsindustrie profitiert. Das zeugt einmal mehr von dem Lobbyismus in dieser schwarzgelben Bundesregierung, meine Damen und Herren.
(Vereinzelt Beifall bei BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und SPD)
Die Abschaffung der Praxisgebühr ist richtig. Da muss man sich aber die Gegenfinanzierung anschauen. 2 Milliarden Euro nehmen Sie aus der Gesetzlichen Krankenversicherung. Weil Sie bei der Reform der Krankenversicherung die Arbeitgeberbeiträge gedeckelt haben, heißt das, der Kassenpatient zahlt in der Zukunft für den Kuhhandel dieser Koalition. Das bedeutet, Sie schaffen auf der einen Seite zwar Entlastung durch die Abschaffung der Praxisgebühr, aber es werden einseitig die Kassenpatienten zur Gegenfinanzierung herangezogen. Meine Damen und Herren, deswegen ist es ein Kuhhandel auf dem Rücken der Schwächsten in unserer Gesellschaft.
(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)
Die Kassenpatienten zahlen die Abschaffung der Praxisgebühr und des Betreuungsgeldes. Als Gegenleistung gibt es eine Lebensleistungsrente. Wer 40 Jahre eingezahlt und dann noch in Riester investiert hat und auf dem Grundsicherungsniveau liegt, bekommt im Monat 10 bis 15 Euro. Meine Damen und Herren, das ist kein wirksames Mittel zur Bekämpfung von Altersarmut. Das ist ein Mittel, um einigermaßen die Armut in der sozialpolitischen Kompetenz dieser Bundesregierung zu kaschieren. Mehr haben Sie nicht erreicht.
(Frau Klöckner, CDU: Vorschlag!)
Ich nenne den Verkehrsetat mit 750 Millionen Euro zusätzlich, damit in Niedersachsen und in Bayern vor den Landtagswahlen noch Straßen gebaut werden können.
(Zurufe von der CDU)
Super, das ist eine tolle Idee. Es ist nachweislich so, dass die Mittel für die Straßeninfrastruktur in Bayern in den letzten Jahren viermal so hoch waren wie veranschlagt, weil der Verkehrsminister aus Bayern kommt. Das sind die nackten Zahlen. Das ist ein reines Wahlkampfgeschenk für die CSU.
Jetzt kommt es. Es sind nicht 750 Millionen Euro, weil 312 Millionen Euro schon verplant sind. Wofür? Sie sind für das Flughafendesaster Berlin Brandenburg verplant, das schon wieder teurer geworden ist.
(Zurufe von der CDU)
Wir reden über 2 Milliarden Euro Versenkung von Steuergeldern in schwarzer Mitverantwortung. Ich glaube, Sie sollten, auch wenn Sie andere Zahlen zum Thema „Nürburgring“ nennen, öfter einmal hinschauen, was dort verbrannt worden ist. Es sind also noch einmal 312 Millionen Euro für das Flughafendesaster in Berlin.
Meine Damen und Herren, auch das ist ein Teil des Kuhhandels, um Ihre verfehlte Politik zu kaschieren. Dann nehmen Sie 1 Milliarde Euro aus der KfW. Worum geht es? Es geht um die Finanzierung der Gebäudesanierung. Wir haben doch gerade über die Energiewende und das Thema „Strom sparen“ geredet. Genau mit diesen Mitteln müssen wir die Gebäudesanierung endlich vorantreiben.
Welche Alternative gibt es, wenn wir die Milliarden nicht haben? Das sind Ihre Steueranreize. Das sind dann die Millionen, die den Ländern und Kommunen fehlen werden und die dann wieder in Zeiten der Schuldenbremse zu Kürzungen im Sozial- und Bildungsbereich führen müssen. Deswegen sind es ein Kuhhandel und ein ungedeckter Scheck zulasten von zukünftigen Generationen, der Länder, von Rheinland-Pfalz und der Kommunen. Wir werden im September dem Treiben ein Ende setzen.
Eine rot-grüne Bundesregierung wird das wieder korrigieren.
Das ist die Hoffnung, die wir für die Zukunft haben.
Herzlichen Dank.
(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)
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