Landtag Rheinland-Pfalz – 16. Wahlperiode – 31. Sitzung, 28. August 2012

Landtag Rheinland-Pfalz – 16. Wahlperiode – 31. Sitzung, 28. August 2012

 

Vizepräsidentin Frau Klamm:

Das Wort hat Herr Kollege Köbler.

 

Abg. Köbler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:

 

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren!

Ich glaube, der Anlass, zu dem wir zusammengekommen sind, ist ernst genug, um wieder zur Sache zurückzukehren und sich nicht darüber aufzuregen, ob der Server den Livestream hält oder nicht. Ich glaube, es hat auch etwas mit BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bzw. der rot-grünen Koalition im Landtag zu tun, dass wir ob dieser Transparenz überhaupt einen Livestream haben. Das ist doch schon einmal ein großer Fortschritt.

 

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD –

Licht, CDU: Wenn er jetzt wieder funktioniert, haben Sie recht!)

 

Man geht ein Stück weit in sich, tritt noch einmal zurück und hinterfragt sich selbst, ob das, was man tut, auf dem richtigen Weg ist, weil es zugegebenermaßen keine einfachen Zeiten sind. Es waren auch keine einfachen Entscheidungen, die hinter uns liegen. Es liegen noch viel schwerere und schwierigere Entscheidungen und Diskussionen vor uns. Man denkt nach und diskutiert viel. Wir haben in der Fraktion und in der Partei sehr offen diskutiert. Ich habe auch mit vielen Bürgerinnen und Bürgern diskutiert. Das bringt einen dann schon etwas weiter, als wenn man sich nur darauf konzentriert, dass möglichst die nächste Schlagzeile stimmt und man möglichst bundesweit in die Presse kommt.

Dazu gehören zwei Sachen. Es ist richtig und es ist auch die Aufgabe dieses Parlaments, und zwar der Opposition und der regierungstragenden Fraktionen, die Fehler, die gemacht worden sind, und die Konsequenzen am Nürburgring in diesem Parlament zu thematisieren und zu diskutieren. Das ist Ihr gutes Recht. Das ist unser gutes Recht. Das kann und wird die Landesregierung auch entsprechend aushalten. Es ist aber etwas gänzlich anderes, die persönliche Integrität eines Menschen, auch wenn es der Ministerpräsident ist, derart anzugreifen, wie Sie es unverhältnismäßigerweise in den letzten Tagen und Wochen und auch heute wieder im Parlament getan haben. Lassen Sie uns zur Sachpolitik zurückkommen. Das ist das, was das Land braucht, und keine Dreckschleuder und persönlichen Angriffe.

 

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

 

Deswegen möchte ich mich der sachlichen Auseinandersetzung mit dem Thema „Nürburgring“ überhaupt nicht entziehen. Wir haben das in der Diskussion in der Fraktion sehr offen miteinander besprochen und ausgetragen. Wir haben als GRÜNE immer eine sehr kritische Position zu den Vorgängen am Nürburgring gehabt. Frau Klöckner, Sie haben es dankenswerterweise wieder zitiert.

 

(Zuruf von der CDU)

 

Diese kritische Position hinsichtlich der Entscheidung im Zeitraum 2004 bis 2009 besteht nach wie vor. Diese Kritik wird die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN immer äußern. Wir sind darin auch jetzt leider bitter bestätigt worden. Der Koalitionspartner – die SPD und der Ministerpräsident – hat die Fehler auch eingestanden. Wir haben das gewusst, als wir den Koalitionsvertrag unterschrieben haben. Warum sollten wir an dieser Stelle, an der Sie keinen einzigen neuen Fakt aus dieser Legislaturperiode aufzählen, jetzt die Koalition infrage stellen, wo doch unsere Kernforderungen, die die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vor der Wahl an den Nürburgring gestellt hat, allesamt erfüllt werden?

 

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es gibt keinen triftigen Grund, inhaltlich Ihrem Antrag zu folgen, wenn es nur um den Nürburgring gehen würde. Deswegen werden 18 Abgeordnete – so haben sie es mir angekündigt – von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und die Kolleginnen und Kollegen der SPD Ihren Antrag ablehnen.

 

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

 

Ich kann das auch entsprechend belegen. Sie finden in unserem Wahlprogramm zum Nürburgring folgende

Punkte:

– Wir wollen ein tragfähiges Konzept, das einen Betrieb auf Dauer ohne Steuergelder ermöglicht. – Wir werden am Ende genau zu einem solchen Konzept kommen, weil entsprechende Landesgelder möglicherweise nicht mit dem Beihilferecht vereinbar sind und so dauerhaft nicht mehr fließen werden.

 

– Wir wollen eine Neuorientierung, Alternativen und ein sinnvolles Konzept für den Ring erarbeiten. – Das steht in unserem Wahlprogramm. Auch das ist nun auf dem Weg. Wir wollten es nicht über die Insolvenz machen.

Das hatte die Regierung zunächst selbst in der Hand. Jetzt machen es der Insolvenzgeschäftsführer und der Sachwalter. Es wird eine entsprechende konsequente Neuaufstellung geben. Wir haben uns auch dazu bekannt, dass der Nürburgring Potenzial hat und in seinem Kerngeschäft auch in Zukunft bestehen wird. Auch da bin ich mir sicher, dass es entsprechend geschehen wird.

Das bedeutet, dass das, was die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vor der Wahl an Leitlinien für den Nürburgring in ihrem Wahlprogramm beschlossen und formuliert hat, in der rot-grünen Regierungskoalition auch umgesetzt wird.

Deswegen gibt es überhaupt keinen Grund, uns vorzuwerfen, wir würden vor der Wahl etwas anderes sagen als nach der Wahl. Nein, wir sind an diesem Punkt 100 % glaubwürdig.

 

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

 

Ja, es ist richtig, wir haben das in der außerparlamentarischen Opposition kritisiert, politisch bewertet und Kritik an Verantwortlichen geübt, mit denen wir heute in einer Koalition zusammenarbeiten. Aber es gehört nun einmal in einer Demokratie dazu, die aus Pluralismus, verschiedenen Meinungen und Parteien besteht. Ich glaube, es ist richtig, dafür zu stehen und es jetzt nicht infrage zu stellen oder zu glauben, man könnte durch Vorwürfe die Kritik von damals sozusagen relativieren, wie Sie es tun, sondern es kommt darauf an, dass man, wenn man von zwei Positionen herkommt, versucht, einen gemeinsamen Weg zu finden. Das haben wir im Koalitionsvertrag getan. Wir waren uns bei vielen Punkten sehr einig, weil SPD und GRÜNE in Rheinland-Pfalz eine große gemeinsame Wertebasis haben und in vielen inhaltlichen Punkten miteinander übereinstimmen. Hendrik Hering hat viele genannt.

Es war natürlich schwierig am Punkt Nürburgring. Aber jetzt schauen wir einmal in den Koalitionsvertrag, was wir hineingeschrieben haben. Da steht: „Der Nürburgring hat eine wichtige strukturpolitische Bedeutung für die Region. Er bietet vielen Menschen einen zukunftsfähigen Arbeitsplatz.“ Und dann weiter: „Teile des Vertragswerks sind derzeit Gegenstand einer Klage und von Beschwerden bei der EU. Deren Ausgang bleibt ebenso wie die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen (…) abzuwarten. Sollte sich die Notwendigkeit einer Neuregelung ergeben, werden die rot-grünen Koalitionspartner den Betrieb neu ausschreiben.“

Unabhängig davon werden wir prüfen, ob zukünftige Risiken oder finanzielle oder wirtschaftliche Auswirkungen des Nürburgrings für das Land oder die Region bestehen. – Koalitionsvertrag, beschlossen im Mai letztes Jahr von SPD und GRÜNEN, von Eveline Lemke, Kurt Beck und Daniel Köbler unterschrieben. Wir haben damals gewusst, dass am Nürburgring ein dicker Brocken auf uns wartet.

 

(Frau Klöckner, CDU: Das ist interessant!)

 

Die SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben diesen Text vorgelegt bekommen, und Parteitage haben mit übergroßer Mehrheit diesen Text beschlossen.

 

(Zuruf des Abg. Licht, CDU)

 

Nun gehen wir anhand dieses Koalitionsvertrags alle gemeinsam mit dem Ministerpräsidenten an der Spitze genau diesen Weg, auch wenn er schwierig ist. Deswegen gibt es überhaupt keinen Grund, diese Koalition infrage zu stellen oder Ihrem Antrag zu folgen. Wir gehen auch in schwierigen Zeiten miteinander. Frau Klöckner, Verantwortung bedeutet eben nicht nur die Rosinenpickerei, sondern auch die schwierigen Probleme miteinander anzugehen und miteinander zu lösen.

 

(Zuruf der Abg. Frau Thelen, CDU)

 

Da ist die Koalition in diesem Hause der Opposition meilenweit voraus, meine Damen und Herren.

 

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD –

Licht, CDU: 524 Millionen sind keine Rosinenpickerei!)

 

Dann ist unterstellt worden, die GRÜNEN-Abgeordneten oder die Ministerin wären meilenweit von der Basis entfernt. Im Gegensatz zur CDU haben wir, als die Debatte um den Nürburgring erneut hochkochte, einen entsprechenden Antrag auf unserem Parteitag diskutiert und beschlossen. Wir haben uns der Diskussion mit der Basis gestellt. Erst am vergangenen Wochenende hat unser Parteirat, das zweithöchste Gremium, wieder diskutiert und einen einstimmigen Beschluss zum Nürburgring und gegen das von Ihnen angekündigte Misstrauensvotum beschlossen.

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stellen sich auch in Regierungsverantwortung der Diskussion mit ihren Wählerinnen und mit ihrer Basis und gerade und auch dann, wenn es schwierig wird und man es vielleicht mehr erklären muss als nur in einer Überschrift oder in einem Flyer. Aber das machen eine andere politische Kultur und ein anderer Stil aus. Da wird nichts durchgedrückt, da wird kein Zwang ausgeübt, da wird diskutiert und nachher eine kluge Entscheidung gefällt, die im Wohle des Landes angelegt ist, im Lichte des Koalitionsvertrags, des sozial-ökologischen Wandels, den wir vollenden wollen.

 

(Licht, CDU: Das macht den Umschwung aus!)

 

Wir lassen uns nicht blenden von möglichst schnellen Schlagzeilen, wie Sie das tun. Das ist ein Showeffekt. Der wird wie ein Feuerwerk kurz in die Luft gehen, dann ist wieder dunkle Nacht und dann gute Nacht. Dafür stehen wir nicht zur Verfügung. Wir wollen die Zukunft dieses Landes gestalten.

 

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

 

Ein zweiter Punkt, der meiner Fraktion wirklich wichtig ist: Es ist eine nicht zu verantwortende Unterstellung, zu

behaupten und der Mehrheit dieses Parlaments vorzuwerfen, dass sie durch die Abstimmung über einen Punkt, den sie aus genannten Gründen nicht teilt, weil sie anderer Auffassung ist als sie, liebe CDU, ihre Kontrollfunktion gegenüber der Regierung nicht ausüben würde.

 

(Hering, SPD: Unverschämtheit!)

 

Das ist ein schwerwiegender Vorwurf in einer parlamentarischen Demokratie. Den lasse ich auf meiner Fraktion,  auf allen 18 Abgeordneten – ich denke, auch für die Kollegen der SPD sprechen zu dürfen – nicht unwidersprochen sitzen. Es geht nicht um einen Blankoscheck für die Regierung, sondern es geht um eine kritische Solidarität, und die werden wir weiter üben.

 

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD –

Zurufe von der CDU)

 

Genau das ist der Grund, warum wir seit gut einem Jahr dabei sind, die Dinge neu anzugehen, auch am Nürburgring. Es ist der Runde Tisch in der Region von den Gewerkschaften einberufen worden, an dem der Minister persönlich und die Fraktionsvorsitzenden der beiden Regierungsfraktionen regelmäßig teilnehmen. Auch die Opposition mit Herrn Licht – dafür danke ich Ihnen sehr – nimmt daran teil. Es gibt das Dialogforum Nürburgring. Wir haben den parlamentarischen Beirat angestoßen. Es ist eine Vielzahl von stärkeren Beteiligungsmöglichkeiten des Parlaments in diesem Zusammenhang aufgezeigt worden. Der Finanzminister, der Innenminister, aber auch die Wirtschaftsministerin haben in einer Vielzahl von Fachausschüssen detailliert und umfassend, schonungslos und ehrlich über alle Vorgänge rund um den Nürburgring berichtet. Sie können es in allen Protokollen nachlesen. Sie müssten es halt nachlesen. Von daher kommen wir doch zur Sache zurück. Es ist in diesem Land doch keinem damit gedient, wenn man nur immer weiter mit Dreck schmeißt nach dem Motto, irgendwann wird schon etwas kleben bleiben.

Liebe CDU, auch derjenige, der mit Dreck schmeißt, wird schmutzig werden. Bedenken Sie das mit Blick auf die Politikverdrossenheit und die Öffnung, die wir brauchen, um mehr Demokratie und mehr Beteiligung auch in unseren Kommunalparlamenten zu generieren. Hören Sie auf, stellen Sie sich der sachlichen Diskussion. Die ist gerechtfertigt. Aber hören Sie auf mit populistischer Dreckschmeißerei. Das hat dieses Land wahrlich nicht verdient.

 

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

 

Wir haben in der deutschen Geschichte Erfahrungen gemacht, weswegen man ein Instrumentarium wie das Misstrauensvotum in Verfassungen geschrieben hat. Im Bund gibt es nur ein konstruktives Misstrauensvotum aus der Erfahrung der Weimarer Republik. Das bedeutet, dass man eine Regierungschefin oder einen Regierungschef nicht nur einfach abwählen, sondern gleichzeitig eine Nachfolge benennen muss. Das bedeutet, es ist ein sehr wertvolles Gut unserer Verfassung, das wir in der Demokratie auch gegen Antidemokratinnen und Antidemokraten oder unsere entsprechenden Vorfahren erstritten haben. Man sollte also behutsam mit dessen Einsatz umgehen.

Frau Klöckner, Sie haben selbst gesagt, Sie glauben nicht, dass Sie eine Mehrheit dafür bekommen. Aber Sie werden sie nicht deswegen nicht bekommen, weil Koalitionszwang die Koalition dazu bindet, sondern weil Sie einfach keine überzeugenden Argumente dafür haben.

 

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

 

Es handelt sich um ein rein destruktives Misstrauensvotum. Wir haben das in der Fraktion in zwei Sitzungen lange miteinander diskutiert. Wir haben keinen Fraktionszwang ausgesprochen.

 

(Vizepräsident Dr. Braun übernimmt den Vorsitz)

 

Wir haben eine Probeabstimmung vollzogen. Es haben sich alle Abgeordneten aus freien Stücken – ich meine, auch vor ihrem reinen Gewissen – gegen Ihren Antrag ausgesprochen. Dazu war keinerlei Druck und Zwang notwendig, weil die Argumente nicht da sind und weil sie in der zurückliegenden Sitzung groß angekündigt haben, das sei das erste Mal in der Geschichte des Landes. Sagen Sie doch, dass Sie sich geirrt haben und das nicht stimmt. Vielleicht hat Herr Hebgen – das weiß ich nicht – auch noch Ihre Archive und nicht nur die Fraktionskasse mitgenommen hat, als er gegangen ist.

 

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

 

Sie haben sich geirrt! Nicht nur der Ministerpräsident, sondern auch die Oppositionsführerin darf mal Fehler machen. Das ist schon okay. Wiederholen Sie aber nicht die Fehler bei der historischen Darstellung. Sie haben heute behauptet, das damalige Misstrauensvotum kurz nach dem Krieg gegen Herrn Altmeier sei durch die SPD aufgrund der Schulstrukturdebatte erfolgt. Das ist historisch nicht korrekt. Das ist nicht wahr. Damals war es nämlich so, dass dieses Misstrauensvotum ganz im Sinne unserer Verfassung angewendet worden ist. Ja, es gab eine Diskussion über die Schulstruktur. Ja, es gab damals eine Regierung aus CDU und FDP. Es gab eine Vorlage der Regierung vom CDU-geführten Bildungsministerium, die der Koalitionspartner FDP in diesem Hause abgelehnt hat. Das heißt, die Koalitionsmehrheit hat nicht gestanden. Das Misstrauensvotum kommt dann zur Anwendung, wenn unsicher ist, ob die Regierung noch die Mehrheit im Parlament hat. Davon gehen Sie aber noch nicht einmal aus. Sie versuchen noch nicht einmal, die Mehrheit zu überzeugen. Sie kündigen vorher schon an, dass es keine Mehrheit geben wird. Deswegen ist Ihr Antrag Show. Deswegen weisen wir ihn auf das Schärfste zurück.

 

(Anhaltend starker Beifall des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und der SPD)

 

Sie haben Cicero zitiert. Ich habe die „De re publica“ auch lesen dürfen.

 

(Hering, SPD: Ich musste sie lesen!)

 

Es geht um den Nutzen derer, die der Politik den Staat anvertrauen. Das ist sehr, sehr wichtig (Cicero kommt am Ende zu dem Ergebnis, dass die gute Monarchie die beste Staatsform ist) – man hätte bis zum Ende lesen sollen –,

 

(Heiterkeit und anhaltend starker Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD –

Dr. Weiland, CDU: Der war gut!)

 

aber auch den Abgeordneten der CDU ist eine entsprechende Verantwortung aufgetragen worden. Auch die CDU sollte ihre Verantwortung nicht zum eigenen Nutzen, für die persönliche politische Karriere, sondern zum Wohl der Rheinland-Pfälzerinnen und Rheinland-Pfälzer wahrnehmen. Dazu lade ich Sie ganz herzlich ein, liebe Kolleginnen und Kollegen.

 

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

 

Nehmen wir einmal an, es gäbe in diesem Land nur ein Thema, und Sie beantragen deswegen dieses Misstrauensvotum. Nehmen wir einmal an, es gäbe nur das Thema „Nürburgring“, und wir würden das nur danach bemessen. Dann frage ich mich als Vorsitzender der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN oder als Abgeordneter: Was wäre die Alternative? – Da haben Sie zum Nürburgring das 10-Pünktchen-Papier vorgelegt.

 

(Vereinzelt Heiterkeit bei der SPD)

 

Punkt 1: Der Insolvenzverwalter muss klare Verhältnisse schaffen und unbeeinflusst arbeiten können.

 

(Pörksen, SPD: Das ist ganz schön klug!)

 

Ja, so steht es im Insolvenzrecht.

 

(Licht, CDU: Bei dieser Regierung muss man das benennen!)

 

Punkt 2: Unverzüglich muss mit den Veranstaltern am Ring verhandelt werden. – „Rock am Ring“ ist gesichert. Mit dem ADAC wird verhandelt. Sogar mit Bernie Ecclestone – das darf ich als GRÜNER gar nicht sagen – wird verhandelt. Das geschieht also.

 

Punkt 3: Der Dauerstreit mit den Pächtern muss schnellstens beendet werden. – Die Landesregierung hat eine entsprechende Kündigungsklage eingereicht. Die wird von den Insolvenzgeschäftsführern jetzt weiterbetrieben. Auch das geschieht.

 

(Bracht, CDU: Der Ministerpräsident hat aber so getan, als hätte er alles in der Hand!)

 

Punkt 4: Die Geschäftstätigkeit des Unternehmens im Gewerbegebiet Nürburgring muss langfristig gesichert sein. – Die Planungs- und Aufsichtshoheit über die Unternehmen im Gewerbegebiet Nürburgring obliegt den Kommunen vor Ort. Wir gehen davon aus, dass die Kommunen dem nachkommen.

 

Punkt 5: Handwerksbetriebe, die auf ihr Geld warten, dürfen nicht in eine existenzielle Schieflage geraten. – Als der Ministerpräsident das in der zurückliegenden Sitzung sagte, kamen aus Ihren Reihen Gelächter und hämische Zwischenrufe.

 

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD –

Frau Elsner, SPD: Na so was! –

Zuruf des Abg. Licht, CDU)

 

Punkt 6: Der Ring braucht ein Geschäftsmodell, das sich auf den traditionellen Kern Motorsport konzentriert. – Ich könnte jetzt viele Belege anführen, aber das steht im Parteitagsbeschluss von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 12. Mai 2012.

 

(Baldauf, CDU: Warum habt ihr es dann nicht umgesetzt?

 

Das gilt auch für Punkt 7: Die profitablen Teile der Ringaktivitäten müssen ohne Belastungen der Vergangenheit arbeiten können.

 

Punkt 8: Im Mittelpunkt des neuen Geschäftsmodells müssen kleine und mittelständische Firmen und die Region stehen.

 

Punkt 9 ist auch erklärtermaßen Bestandteil des Parteitagsbeschlusses vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:

 

(Bracht, CDU: Aber nichts davon umgesetzt!)

 

Wir lehnen einen Investor ab, der Exklusivrechte für sich und seine Unternehmen beansprucht. Die Rennstrecke muss für Freizeitfahrer und das Renn-Taxi offen bleiben.

 

Punkt 10: Der Neuanfang am Nürburgring muss im Dialog mit den Bürgerinnen und Bürger entwickelt werden. –

 

Sehr gut, dass Sie die Aktivitäten der Landesregierung durch das Dialogforum der Gewerkschaften, durch den Runden Tisch, durch die Koalitionsfraktionen und durch den parlamentarischen Beirat unterstützen. Wir hatten das bei zu Guttenberg. Copy and paste ist manchmal gut. Lassen Sie uns gemeinsam am Nürburgring weiterarbeiten.

 

(Anhaltend starker Beifall des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und der SPD)

 

Der Misstrauensantrag ist nicht nur unbegründet, sondern er ist auch komplett überflüssig. Wir tun Ihnen jetzt nicht den Gefallen und schaffen nicht einen zweiten Ministerpräsidentenposten – als GRÜNE könnten wir einmal darüber nachdenken –, damit Sie nachrücken können, aber lassen Sie uns doch ab jetzt da zusammenarbeiten; denn die Punkte unterscheiden sich nicht wesentlich voneinander. Ich meine, das ist das, was die Region jetzt erwartet. Das ist auch das, was die Menschen jetzt erwarten. Auch das ist am Ende das, was die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler erwarten, weil die Wahrscheinlichkeit, dass dann, wenn das Land mit einer Stimme spricht, möglichst viel von den Investitionen des Landes – bei dem es sich nun einmal um Steuergeld handelt – wieder zurückfließt, wesentlich höher ist, wenn Sie sich konstruktiv daran beteiligen. Für eine konstruktive kritische Debatte zum Nürburgring steht meine Fraktion, steht die Koalition jederzeit zur Verfügung, aber sie steht nicht für Showeffekte zur Verfügung, wie wir sie heute wieder erleben mussten.

 

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

 

Es gibt keine inhaltliche Alternative zur Politik der Landesregierung,

 

(Licht, CDU: Sie sparen das Stichwort „Verantwortung“ völlig aus!)

 

aber es gibt auch keine personelle Alternative zu Ministerpräsident Kurt Beck.

 

(Bracht, CDU: Weiter so! –

Licht, CDU: Jeder kann machen, was er will,

ohne jede Verantwortung! –

Frau Kohnle-Gros, CDU: Es gibt immer

eine Alternative! –

Unruhe bei der CDU)

 

Es wird dieser Ministerpräsident sein, der gemeinsam mit der rot-grünen Koalition diese Legislaturperiode bestreiten wird. Wir werden gemeinsam mit dem Ministerpräsidenten, gemeinsam mit Kurt Beck, auch die Probleme am Nürburgring lösen. Ich lade Sie herzlich ein: Arbeiten Sie konstruktiv mit. Das ist eine ernst gemeinte Einladung. Überlegen Sie sich, ob es diese Show noch wert ist. Sie haben keine personelle Alternative aufgezeigt. Inhaltlich haben Sie zum Thema „Nürburgring“ auch keine Alternative aufgezeigt.

 

(Licht, CDU: Sie haben zur Verantwortung nichts gesagt! Zur Verantwortung

haben Sie nichts gesagt!)

 

Sie haben bis übermorgen früh 09:30 Uhr Zeit, noch einmal in sich zu gehen.

 

(Bracht, CDU: Sagen Sie mal was zur Verantwortung!)

 

Darüber können Sie morgen in der Fraktionssitzung noch einmal diskutieren. Ich würde Ihnen raten, beenden Sie die Show, solange es noch geht. Ziehen Sie Ihren Antrag zurück, dann können wir uns am Donnerstag ganz der Sacharbeit für dieses Land widmen, meine Damen und Herren.

 

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD –

Hering, SPD: Genau!)

 

Wir sind angetreten für eine neue und andere politische Kultur, für eine Diskussionskultur. Deswegen werden wir hier auch immer Kritik äußern. Wir diskutieren auch in der Koalition miteinander. Wir diskutieren aber nicht alles in der Öffentlichkeit und auf den Marktplätzen.

 

(Licht, CDU: Noch nicht einmal im Ausschuss!)

 

Das zeichnet auch Vertrauen miteinander aus. Vertrauen besteht nicht darin, dass man sich sozusagen blind aufeinander folgt, sondern Vertrauen besteht darin, dass man gerade dann, wenn es schwierig wird, ein offenes Wort miteinander wechseln kann. Genau in diesen Situationen – in einer solchen Situation sind wir beim Nürburgring –, in denen die Ausgangspositionen relativ weit auseinanderliegen, eine gemeinsame Lösung auf Augenhöhe zu finden, das hat diese Koalition miteinander geschafft. Deswegen hat diese Koalition und haben auch die Abgeordneten meiner Fraktion das Vertrauen in den Fortbestand dieser Koalition und auch in Kurt Beck als Ministerpräsidenten und demjenigen, der diese Koalition entsprechend anführt, weil wir kritisch miteinander umgehen, keine Blankoschecks untereinander verteilen, sondern die Dinge miteinander diskutieren immer im Sinne der gemeinsamen Sache: Das ist der sozial-ökologische Wandel in Rheinland-Pfalz, meine Damen und Herren. Den lassen wir uns nicht an einem Punkt schlechtreden, sondern wir wollen diese Zusammenarbeit auch in den kommenden Jahren weiterhin erfolgreich fortsetzen.

 

Das ist unser Auftrag, den uns die Wählerinnen und Wähler gegeben haben: 100 % für erneuerbare Energien, kleinere Klassen, die beste Bildung für alle Kinder in diesem Land, die Gestaltung des demografischen Wandels, Öffnung und Transparenz, mehr Bürgerbeteiligung, Wahlalter senken, mehr direkte Demokratie möglich machen, den Landtag im Livestream übertragen und die Debatten offen und transparent, aber immer sachlich führen, damit in diesem Land unsere Kinder eine gute Zukunft haben. Dafür sind wir angetreten. Deswegen werden übermorgen 18 Abgeordnete der GRÜNEN Ihren Antrag ablehnen.

Herzlichen Dank.

 

(Anhaltend starker Beifall des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und der SPD)

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