Landtag Rheinland-Pfalz – 16. Wahlperiode – 26. Sitzung, 02. Mai 2012
Präsident Mertes:
Herr Kollege Köbler hat das Wort.
Abg. Köbler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:
Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Gäste!
Herr Präsident, mit Ihrer Erlaubnis möchte ich mit einem Zitat beginnen.
Liebe Frau Klöckner, Ihre Bundesbildungsministerin Annette Schavan hat einmal den wahren Satz gesagt:
„Politik beginnt mit dem Betrachten der Wirklichkeit.“ –
(Beifall der CDU – Frau Klöckner, CDU: Eben!)
Die Wirklichkeit sieht so aus, dass Sie alles, was mit dem Schlagwort „Nürburgring“ sozusagen bei Google oder Twitter zu finden ist, zu skandalisieren versuchen.
(Seekatz, CDU: Es ist doch auch ein Skandal!)
Es waren doch Sie, die in diesem Hause die Forderung aufgestellt hat, man möchte die Pächter vom Hof jagen. Jetzt skandalisieren Sie, dass die Landesregierung diesen Weg geht.
(Frau Klöckner, CDU: Schade, dass Ihre Rede vorbereitet war!)
Es waren Sie, und Sie haben hier gefordert, man möge pro Jahr 5 Millionen Euro Steuergelder für die Subventionierung der Formel 1 in den Haushalt einstellen. Das haben Sie gefordert und skandalisieren jetzt, dass die EU-Kommission das vorläufig als Beihilfe klassifiziert.
(Zurufe von der CDU)
Sie müssen sich bei diesen schwierigen Diskussionen schon entscheiden, wofür Sie eigentlich stehen. Wenn es vor Ort gilt, dann vertritt Ihr Kollege Licht immer die Auffassung, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern dürfen sozusagen nicht auf die Straße gesetzt werden, und hier wird immer wieder gefordert, man möge umgehend die Lichter ausmachen.
(Zuruf der Abg. Frau Klöckner, CDU)
Ich erwarte also von Ihnen bei einem schwierigen Problem endlich auch einmal einen konstruktiven Beitrag.
(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)
Die Wirklichkeit sieht so aus: Am 7. Februar dieses Jahres, vor bald drei Monaten, hat die Landesregierung den Neuanfang, die Neuordnung am Nürburgring begonnen. Die Pachtverträge wurden gekündigt, die Räumungsklage wurde entsprechend vorbereitet, weil entsprechende vertragliche Verpflichtungen nicht eingehalten wurden.
Damals – da habe ich wenig von Ihnen gehört – war dies die einzige verantwortbare Alternative, gleichwohl man immer gesagt hat, man will einen jahrelangen juristischen Streit möglichst verhindern, weswegen man den Weg des Gespräches gegangen ist, ob eine außergerichtliche Schlichtung möglich ist. Das ist ein sehr kluges Vorgehen. Das heißt aber nicht, dass man sich, weil ein Projekt in der Öffentlichkeit steht und ein gewisser politischer Druck da ist, im Grunde genommen käuflich macht und auf jede Forderung der Gegenseite eingeht. Sie wissen ganz genau – und das haben Sie immer vorgetragen –, dass es zumindest einem Teil der Gegenseite gar nicht um eine gütliche Einigung geht, sondern vor allem um den eigenen Kontostand, und da ist diese Landesregierung nicht bereit, noch Millionen „hinterherzuschmeißen“. Deshalb war es jetzt der einzig richtige konsequente Schritt, den juristischen Weg zu gehen.
(Zuruf des Abg. Seekatz, CDU)
Das ist im Interesse des Landes, und deswegen fordere ich Sie mit Nachdruck auf, diesen Weg endlich konstruktiv zu begleiten und mitzugehen, meine Damen und Herren.
(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)
Ich würde vorschlagen, dass der parlamentarische Beirat, den die Fraktionen von SPD und Grüne sozusagen einfordert haben und den der Innenminister auch einrichten wird, jetzt zeitnah unterrichtet wird und wir dort gemeinsam über die weiteren Schritte reden. Liebe Frau Klöckner, Sie haben ganz viele Schlagwörter in den Raum geworfen:
(Pörksen, SPD: Das macht sie immer!)
Untreue dieser Landesregierung. Sie haben schon mehrfach Rücktrittsforderungen an alle Möglichen in die Welt gesetzt.
(Frau Klöckner, CDU: Nur an einen!)
Dann reden Sie von Neuigkeiten aus dem Bericht der EU-Kommission. Wo waren Sie eigentlich, also Sie persönlich nicht, aber Ihre Fraktion in den letzten Jahren im Parlament und im parlamentarischen Untersuchungsausschuss?
(Heiterkeit und Zurufe von der CDU)
Wir können uns über die Bewertung streiten. Aber dass dort wesentlich neue Sachverhalte stehen, konnte ich der Lektüre – die „WirtschaftsWoche“ hat es online gestellt – nicht entnehmen. Vielleicht sollten Sie Ihre Akten beim nächsten Mal lesen, bevor Sie irgendwelche Schlagworte in die Welt setzen.
(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)
Aber lassen Sie uns im parlamentarischen Beirat darüber reden. Lassen Sie uns diesen Weg gemeinsam gehen, weil das eine oder andere von dem, was diese Landesregierung jetzt tut, Ihr Kollege Licht hier mehrfach gefordert hat. Ich glaube, dass zumindest er dafür bereit ist. Er ist auch nicht der, dem dieses Parlament nur als Showbühne für PR-Gags gilt, aber es gibt auch noch Vernunft in der CDU. Ich meine, die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.
Das bedeutet, wir werden diesen Weg der Neuordnung fortsetzen. Wir werden ihn verantwortlich und machbar gestalten. Wir haben einen Blick und eine Verantwortung für den Landeshaushalt.
(Glocke des Präsidenten)
Lassen Sie mich sagen, wir werden das alles mit der EU-Kommission abstimmen.
Um mit einem Zitat von Winfried Kretschmann zu enden: „Politik ist dafür da, schwierige Probleme zu lösen (…).“
Für einfache Probleme und einfache Antworten, Frau Klöckner, braucht es keine Politik.
(Zurufe von der CDU)
Herzlichen Dank.
(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)
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