Landtag Rheinland-Pfalz – 16. Wahlperiode – 25. Sitzung, 22. März 2012

Landtag Rheinland-Pfalz – 16. Wahlperiode – 25. Sitzung, 22. März 2012

 

 

Vizepräsident Dr. Braun:

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich Herrn Köbler das Wort.

 

Abg. Köbler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:

 

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Liebe Frau Klöckner, das waren – nicht überraschend, aber bezeichnend – zehn Minuten von Ihnen zur Kommunalpolitik ohne eine einzige Position.

 

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD –

Frau Klöckner, CDU: Wo waren Sie? –

Weitere Zurufe von der CDU)

 

Es ist nicht das erste Thema, bei dem das so ist. Durch Sie ist die CDU in Rheinland-Pfalz der „Partei gewordene Luftballon“ geworden.

 

(Vereinzelt Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

 

Wenn man dahinter schaut, dann ist nicht viel mehr drin als ein bisschen heiße Luft.

 

(Zurufe von der CDU)

 

Dann bringen Sie hier so wenig und wollen Gespräche auf Augenhöhe. Wir können über alles reden, aber dann müssten wir doch in den Keller gehen. Aber dafür ist der Tag viel zu schön, Frau Klöckner.

 

(Frau Klöckner, CDU: Uiuiuiui!)

 

Lassen Sie mich doch einmal vermuten, was die Position der CDU bei der kommunalen Gebietsreform ist.

 

(Seekatz, CDU: Sagen Sie doch einmal etwas Inhaltliches! –

Frau Klöckner, CDU: Was ist mit der Zwangsfusion?)

 

Ich fand einen Artikel im „Trierischen Volksfreund“ ganz erhellend, in dem Herr Billen – Respekt – klare Vorstellungen geäußert hat: Kein Kreis in Rheinland-Pfalz unter 200.000 Einwohnern, keine Verbandsgemeinde unter 20.000 Einwohnern. Herr Billen, das ist ein Vorschlag. Dann können wir Budenheim zu Mainz eingemeinden. Dann haben wir eine ganze Menge zu tun. Auf der anderen Seite lässt Ihr Landrat in Cochem-Zell noch nicht einmal drei Ortsgemeinden, die wollen, mit den Bürgerinnen und Bürgern in einen anderen Landkreis wechseln. Frau Klöckner, was ist Ihre Position?

 

(Frau Klöckner, CDU: Das hat der Herr Lewentz abgesagt!)

 

Frau Klöckner, wollen Sie eine mutige Gebietsreform à la Billen machen, oder wollen Sie sich nur verweigern und immer nur in der Vergangenheit bleiben und vor allem eins nicht tun: unsere Kommunen in eine wirtschaftliche, soziale und politisch tragfähige Zukunft führen, wie wir das tun werden? Entscheiden Sie sich doch endlich einmal.

 

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

 

Sie haben sich da auf ziemlich dünnes Eis begeben. Ich sage Ihnen, bei Glatteis ist es manchmal besser, erst die Schuhe anzuziehen und dann die Socken, Frau Klöckner.

 

(Vereinzelt Heiterkeit und Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

 

Wir werden diese Reformbemühungen weitergehen. Wir haben das ganz klar vereinbart.

 

(Licht, CDU: Das bestätigt, dass Sie sich auf dem Glatteis bewegen!)

 

Die erste Stufe der kommunalen Verwaltungsreform wird umgesetzt werden. Dann werden wir eine zweite Stufe einleiten. Ich darf Sie erinnern, zu Zeiten von Helmut Kohl hat nicht immer alles gepasst, aber da hatte die CDU wenigstens noch ein Profil. Da hat man innerhalb von acht Jahren 18 einzelne Landesgesetze für eine umfassende Kommunal- und Verwaltungsreform gemeinsam auf den Weg gebracht. Dort waren mutige Dinge dabei, was auch den eigenen Leuten vor Ort unabhängig von der Farbe nicht nur die Freudentränen in die Augen getrieben hat. Damals hatte die CDU noch den Mut. Ich war dabei, mein Kollege Wiechmann war vor mir schon dabei. Es gab eine umfassende Beteiligung aller im Landtag vertretenen Fraktionen und der damals noch außerparlamentarischen GRÜNEN und der Freien Wähler, der kommunalen Spitzenverbände, der Gewerkschaften und vieler anderer Institutionen und Akteure in einer sogenannten Lenkungsgruppe. Aber die CDU hatte damals – ich weiß es nicht – keine Position oder viele verschiedene Positionen.

Auf jeden Fall ist Herr Baldauf damals ausgestiegen. Wenn er noch da wäre – aber vielleicht ist seine Arbeitszeit schon wieder beendet –, könnte er es Ihnen bestätigen.

 

(Zuruf der Abg. Frau Klöckner, CDU)

 

Er hat sich nicht durchsetzen können. Er hat sich aus diesem Prozess verabschiedet. Wer auf die rheinlandpfälzische CDU wartet, den wird das niemals in die Zukunft führen. Der wird immer warten müssen. Aber wir gehen das Tempo derer, die sich modernisieren und nach vorn gehen wollen, und nicht derer, die immer nur wissen, was nicht geht, und überhaupt keine Konzepte für die Zukunftsfähigkeit unseres Landes haben, meine Damen und Herren.

 

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD –

Frau Klöckner, CDU: Habt ihr das eurer Basis erklärt, euren Spruch?)

 

Deswegen werden wir diesen Weg weitergehen. Wir werden uns nach dem 30. Juni anschauen, wo die freiwillige Phase nicht zum Erfolg geführt hat. Wenn ich mir diese Dynamik anschaue, die wir jetzt überall sehen, dann bin ich mir ganz sicher, dass der überwiegende Teil der Verbandsgemeinden zu einer freiwilligen Lösung kommt.

 

(Unruhe im Hause)

 

Dafür werben wir nachdrücklich. Wir wollen, dass die Kommunalreform mit den kommunalen Räten, mit den Bürgermeistern und mit den Bürgerinnen und Bürgern vor Ort von unten gestaltet wird. Wenn dann noch Streitfälle übrigbleiben, dann schauen wir uns das genau an. Da werden wir schauen, was Sinn macht, welcher Weg vor Ort mehrheitlich gewollt ist, und auch, was Sinn macht mit dem Blick auf eine mögliche weitere Stufe; denn wir werden jetzt nicht den ersten Schritt so ausgestalten, dass ein zweiter Schritt in einzelnen Punkten

blockiert wird.

 

(Frau Klöckner, CDU: Sind Sie für oder gegen Zwangsfusion?)

 

Nein, da werden wir mit Weitsicht und mit großem Dialog vorgehen und das am Ende landesgesetzlich regeln, weil es dazu Landesgesetze braucht. So ist es verabredet. Dann gehen wir in eine zweite Stufe.

 

(Frau Klöckner, CDU: Zwangsfusion!)

 

Da sind Sie dann wieder im Spiel und dabei, und von mir aus auch gern auf Augenhöhe. Da werden wir eine große Beteiligung machen. Wir werden Bürgerbeteiligung machen. Wir werden alle relevanten Akteure einladen. Ich hoffe, dass Sie bis dahin wieder zu den relevanten Akteuren gehören. Da müssen Sie aber schon einmal in Vorleistung treten. Ich will in diese Gespräche und Verhandlungen mit einer Position der CDU eintreten. Wenn ich Gespräche will und verhandeln will, dann muss ich auch wissen, was das Gegenüber will. Sonst ist es nur ein Kaffeeklatsch und ein Kaffeekränzchen und bringt uns nicht voran bei der Neugestaltung der Kommunen in Rheinland-Pfalz, meine Damen und Herren.

 

(Frau Klöckner, CDU: Was wollen Sie denn? Zwangsfusion?)

 

Sie müssen auch einmal liefern.

 

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

 

Dann haben Sie in Ihrem Antrag gesagt – – –

 

(Licht, CDU: Sie liefern jetzt die Zwangsfusion! Das ist Liefern, und dazu sagen wir nein!)

 

Sie haben in Ihrem Antrag gesagt, Sie wollen, dass die Kommunal- und Verwaltungsreform gemeinsam mit dem kommunalen Finanzausgleich gestaltet wird. Wenn Sie unseren Antrag lesen, dann gehen wir exakt in die gleiche Richtung, weil der VGH in seinem Urteil zur Reform des kommunalen Finanzausgleichs auch genau darauf hingewiesen hat, dass die Reformbedürftigkeit, was die Strukturen bei den Kommunen betrifft, auch einen Beitrag dazu leisten sollte, die entsprechende Effizienz und die entsprechende zukunftsfähige Finanzausstattung der Kommunen sicherzustellen.

 

(Frau Klöckner, CDU: Eben!)

 

Aber auch da frage ich mich, was Sie eigentlich wollen. Heute beantragen Sie, wir sollen jetzt sozusagen warten und gemeinsam Kommunalreform und kommunalen Finanzausgleich machen und erst einmal reden und das Ganze noch hinauszögern. Vorgestern haben Sie gefordert, wir sollen sofort einen Nachtragshaushalt machen, um den kommunalen Finanzausgleich neu zu regeln und den Kommunen mehr Geld zukommen zu lassen. Ihre Positionen halten noch nicht einmal 48 Stunden. Was ist das für eine Verlässlichkeit, meine Damen und Herren?

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

 

Also, wir haben es aufgeschrieben, wir beantragen es hier.

 

(Frau Klöckner, CDU: Die Zwangsfusion!)
Wir werden die Kommunal- und Verwaltungsreform im ersten Schritt abschließen. Wir werden wie damals unter Helmut Kohl auch weitere Schritte einleiten. Sie sind herzlich dazu eingeladen, bei diesem Projekt mitzumachen.

 

(Frau Klöckner, CDU: Das ist ja beleidigend!)

 

Wir werden Bürgerinnen- und Bürgerbeteiligung mit hohem Maße ernst nehmen.

 

(Zurufe von der SPD –

Frau Klöckner, CDU: Der Vergleich war doch anmaßend! Ich bitte Sie!)

Wir werden darauf schauen, dass die Kommunen in Zukunft handlungsfähig bleiben.

 

(Frau Klöckner, CDU: Also Zwangsfusion!)
Wir werden Beteiligung, zukunftsfähige Finanzierung der Kommunen und neue Kommunalstrukturen miteinander verbinden und zusammendenken. Wir werden uns dabei erneut wissenschaftliche Begleitung einholen und die Reform entsprechend fortsetzen. Kommen Sie mit. Rot-Grün ist auf dem Weg in eine gute Zukunft für die rheinland-pfälzischen Kommunen. Sie bleiben eingeladen.

 

Aber dann bringen Sie bitte auch etwas mit, über das wir reden können, und erzählen Sie hier nicht zehn Minuten heiße Luft. Das bringt die Kommunen auch nicht weiter.

 

Herzlichen Dank.

 

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

 

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