Vizepräsidentin Frau Klamm:
Ich erteile Herrn Kollegen Köbler das Wort.
Abg. Köbler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen!
Wenn es stimmt, dass wir unsere Welt nur von unseren Kindern geborgt haben, dann bedeutet das nicht nur, dass wir ihnen eine intakte Umwelt zu hinterlassen und ein gutes Leben in Gerechtigkeit und Frieden zu ermöglichen haben, sondern auch unseren Kindern Gestaltungsspielräume erhalten müssen, um genau das wiederum ihren Kindern zu ermöglichen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, in diesem Sinne ist der Doppelhaushalt 2012/2013 schon jetzt ein großer Erfolg. Er ist ein rot-grüner Erfolg. Die Zusammenarbeit im Vorfeld ist sehr gut gelaufen. Es sind keine einfachen Fragen gewesen, die hier zu klären waren. Dafür ganz herzlichen Dank.
(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD –
Vizepräsident Dr. Braun übernimmt den Vorsitz)
Unsere Haushaltspolitik und der vorgelegte Doppelhaushalt folgen drei Leitmotiven: Verantwortung, Mut und Ehrlichkeit. – Wir konsolidieren, aber wir investieren auch. Wir investieren in den Bereichen, die für das Land Rheinland-Pfalz eine Zukunftsrendite abwerfen. Das sind die Energiewende, Bildung und frühkindliche Förderung. Wir investieren ebenfalls in die Kommunen und in ein ökologisches und nachhaltiges Wirtschaften. Das ist Konsolidieren mit Verstand und mit klaren Schwerpunkten. Dafür steht diese rot-grüne Landesregierung.
(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)
Frau Klöckner, Sie sind ja noch auf der Suche nach Expertinnen und Experten, die diese Erfolgsstory widerlegen. Ich empfehle Ihnen da zum Beispiel die Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft im Auftrag der Initiative „Neue Soziale Marktwirtschaft“. Da war den Zeitungen zu entnehmen, Rheinland-Pfalz ist das Aufsteigerland beim Einhalten der Schuldenbremse und bei der Konsolidierung.
(Frau Klöckner, CDU: Bei den Steuern!)
Nehmen Sie das zur Kenntnis. Das sind Expertinnen und Experten, die nicht wir beauftragt haben, sondern die das unabhängig festgestellt haben. Die konstatieren Rot-Grün diesen großen Erfolg für kommende Generationen.
(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)
Ja, wir übernehmen die Verantwortung für kommende Generationen. Es ist in Zahlen deutlich geworden, dieser Haushalt ist die Konkretisierung des sozial-ökologischen Wandels in Zahlen: über 800 Millionen Euro weniger Nettokreditaufnahme gegenüber dem Vorjahr, über eine halbe Milliarde Euro Konsolidierungsbeitrag aufgrund von politischen Entscheidungen von Rot-Grün, ein Großteil im Koalitionsvertrag klar angekündigt, über 200 Millionen Euro in den letzten Wochen und Monaten in vielen Gesprächen und Diskussionen in den Ministerien zusammengetragen mit einem einzigen Ziel, nicht nur mit dem einzigen Ziel, aber schon mit dem Ziel, der Verantwortung für die kommenden Generationen gerecht zu werden. – Frau Klöckner, aber auch da empfehle ich die Zeitungslektüre.
(Abg.Frau Klöckner, CDU, unterhält sich mit Abg. Dr. Weiland, CDU –
Zuruf von der SPD: Die hört doch gar nicht zu! –
Pörksen, SPD: Das tut die nie!)
Lesen Sie doch einmal, was die Menschen heute umtreibt. Sie hören jetzt auch nicht zu. Sie haben eben die wirtschaftliche Gesamtlage dargestellt, als sei alles in Ordnung und rosig. Aber reden Sie doch einmal mit den Menschen. Ich habe manchmal das Gefühl, Sie haben relativ schnell die Bodenhaftung verloren. Was treibt die Leute denn um? Ist der Euro noch sicher? Ist mein Geld noch sicher? Was ist mit meiner Altersvorsorge? Was ist mit meinen Kindern? Wie wird die Zukunft einmal aussehen? Hat Europa eine Zukunft, das Europa, das wir uns alle wünschen und an dem wir gestalten wollen?
All diese Fragen – das wissen wir doch seit Griechenland und jetzt seit Italien – sind untrennbar mit der Frage der Stabilität unserer Haushalte verknüpft. Deswegen diskutieren wir nicht nur darüber oder machen gerade das Gegenteil
(Dr. Weiland, CDU: Sondern machen mehr Schulden!)
wie Schwarz-Gelb in Berlin – Herr Kollege Hering hat es ausgeführt –, nein, Rot-Grün in Rheinland-Pfalz konsolidiert, um die Kernaufgaben auch in Zukunft erfüllen zu können, die die Menschen an diese Demokratie stellen, ein gutes Leben für alle Menschen zu ermöglichen, heute, morgen und übermorgen. Das ist die Verantwortung, die wir hier in Rheinland-Pfalz übernommen haben. Dieser Verantwortung werden wir auch gerecht, meine Damen und Herren.
(Starker Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)
Das ist der erste Haushalt, für den wir GRÜNE in RheinlandPfalz Verantwortung tragen. Ich glaube, auch mit Stolz sagen zu können, wir sind unserer Verantwortung bisher sehr gerecht geworden. Wir haben einen klaren Plan für den Abbau der Neuverschuldung auf null bis 2020, und wir schaffen es jetzt am Anfang schon, davon ganz gewaltige Brocken aus dem Weg zu räumen. Investitionen sind trotzdem möglich in den wichtigen Punkten – ich habe sie ausgeführt – Energiewende, Bildung und Kommunen. Wir konsolidieren, und wir investieren zukunftsweisend. Das spiegelt der Haushalt wider.
Aber es sind dabei nicht nur gute Nachrichten zu verkünden. Deswegen brauchen wir für die Haushaltskonsolidierung nicht nur die entsprechende Verantwortung, sondern es braucht auch eine ganze Menge Mut. Wir konsolidieren nämlich nicht, weil es irgendwie Spaß macht oder zum Selbstzweck, ganz im Gegenteil. Sie haben das ja mitbekommen. Sie haben es zum Teil mit angefacht. Schon im Vorfeld der Haushaltseinbringung gab es viele, viele Diskussionen um einzelne Punkte. Ich denke nur einmal um die Diskussion über den Erhalt der Polizeipuppenbühne, die Diskussion über die Reform der Katasterämter, Diskussionen um die Polizeistrukturreform und gestern erst bei der Feuerwehr. Ich verstehe diese Diskussion. Ich verstehe es auch, dass die jeweils Betroffenen sich zu Wort melden. Das ist absolut nachvollziehbar und verständlich. Wir werden uns in jedem Einzelfall – das haben wir bisher auch getan – guten Argumenten nicht verschließen. Das ist gar nicht der Punkt. Wir müssen aber auch zwei Dinge klarmachen. Zunächst, um bei diesem Einsparvolumen, bei dieser Konsolidierung, die unsere Aufgabe ist, einigermaßen gerecht vorzugehen, ist es richtig, alle Bereiche auf den Prüfstand zu stellen und sämtliche Ausgaben zu hinterfragen. Es ist richtig, dass wir ein größeres Ziel haben, nämlich die Konsolidierung, die Handlungsfähigkeit dieses Landes auch für die Zukunft zu erhalten. Das gehört zur Ehrlichkeit dazu. Wenn man dann mit den Menschen, auch mit den Betroffenen, spricht, dann merkt man, es geht manchmal gar nicht wirklich um das Ob, sondern es geht tatsächlich um das Wie. Wenn man das im Detail noch optimieren kann, wenn man vielleicht Härten vermeiden kann, dann ist diese Koalition auch offen für diese Gespräche.
Wir lassen uns aber nicht vor jeden Karren spannen, wie Sie, Frau Klöckner, jeden Sparvorschlag kritisieren, wenig Eigenes beigetragen zu haben und im Bund Steuersenkungen zu unterstützen. Das ist wohlfeil. Das werden die Bürgerinnen und Bürger durchschauen. Da bin ich mir ganz sicher. Damit werden Sie nicht durchkommen. Die Bürger sind schlauer, als Sie denken, auch dank einer guten Infrastruktur an unseren Schulen.
(Dr. Weiland, CDU: Textbaustein 325!)
Das hilft hier im Parlament, dass die Mehrheiten richtig gesetzt sind.
(Dr. Weiland, CDU: Nur Textbausteine!)
Der Haushalt ist ein guter Ausdruck dafür. Es ist besser, dass Sie in der Opposition sind. Unsere Kinder werden es uns danken.
(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD –
Dr. Weiland, CDU: Das waren noch Zeiten, als hier die Ise Thomas zum Haushalt gesprochen hat, Herr Kollege Köbler!
– Ja, es gab hier noch Zeiten – – –
(Zurufe von der SPD: Stilfragen!)
Es gab hier noch Zeiten, in denen die Opposition die Regierung durch gute sachliche Argumente und fundierte Vorschläge tatsächlich ein Stück weit in die Enge getrieben hat. Da hieß aber die Oppositionsführerin Ise Thomas, und die GRÜNEN waren noch in der Opposition. Das ist der Unterschied zu heute.
(Starker Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD –
Frau Klöckner, CDU, in Richtung BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Herr Wiechmann, da war ich ja noch nicht da!)
Wir setzen die richtigen Prioritäten. Statt das ganze Land zuzuplanieren, wie Sie es gern hätten, setzen wir einen klaren Schwerpunkt auf die Sanierung der Infrastruktur; denn es ist wichtig – das ist bei der Bildungsinfrastruktur genauso wie bei der Straßenverkehrsinfrastruktur –, das zu erhalten, damit auch in Zukunft vor allem diejenigen, die es in unserem Land nicht so einfach haben, die vielleicht sozial schwächer dastehen, noch eine gute Infrastruktur nutzen können. Deswegen ist es schon fast ein konservativer Impetus, den Sie hier kritisieren. Das Erhalten einer guten Infrastruktur auch im Straßen- und Verkehrsbereich hat jetzt absoluten Vorrang. Das ist gut so. Das ist auch ein zukunftsweisender Sparbeitrag und gleichzeitig ein guter Schwerpunkt in der Investitionspolitik, meine Damen und Herren.
(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD –
Zuruf des Abg. Billen, CDU)
Auch das bedeutet klare Schwerpunktsetzung. Wir werden nicht mit dem Rasenmäher über die Einzelpläne gehen und sozusagen überall kürzen. Das ist nicht gerecht. Das ist vor allem einer sachlichen Diskussion nicht angemessen. Wir werden in den Bereichen investieren, in denen wir das Land für morgen besser aufstellen. Konsolidierung heißt nämlich nicht nur, die Zukunftsfähigkeit des Landes sicherzustellen, sondern auch Investitionen in die Zukunftsfähigkeit des Landes. Ganz vorn stehen da mit Sicherheit die Bildung und die Energiewende. Aber bei der Bildung haben wir jetzt gehört, dass ein Großteil Ihrer heute aus dem Hut gezauberten Sparvorschläge den Bereich der Bildung betrifft. Lassen Sie mich einmal die kostenlose Schülerbeförderung nennen. Wir investieren hier allein im Jahr 2012 knapp 17 Millionen Euro, dass auf ökologische Art und Weise die Kinder der Sekundarstufe I zur Schule kommen, unabhängig vom Geldbeutel der Eltern, was die Belastungen angeht. Ich halte das für richtig, weil wir damit Zugangshürden bei Bildungschancen abbauen und gleichzeitig die ökologische Verkehrsmittelwahl unterstützen. Das ist eine sinnvolle Investition im Sinne von Gerechtigkeit und von ökologischer Erneuerung.
(Zuruf des Abg. Schreiner, CDU)
In der gleichen Rede, in der Sie vorschlagen, das zu streichen, verteidigen Sie die Pendlerpauschale, bei der die Subvention unabhängig von der Verkehrsmittelwahl und vom CO2-Verbrauch geschieht.
(Zuruf des Abg. Weiner, CDU)
Das zeigt, dass Ihre Denkweisen von vorgestern sind. Wir müssen die Subventionen auch vor dem Hintergrund der Co2-Emission neu ausrichten. Es soll keiner abgehängt werden, der in einer schwierigen ländlichen Region lebt. Ich glaube aber schon, dass die Diskussion notwendig ist, ob wir nicht auch die Frage des CO2- Ausstoßes auf dem Weg zur Schule oder zum Arbeitsplatz dann mit in die Diskussion werfen.
(Zuruf des Abg. Schreiner, CDU)
Die kostenlose Schülerbeförderung ist der richtige Weg. Das Manifestieren einer Subventionierung, um mit dem Auto um jeden Preis zum Arbeitsplatz zu kommen, ist meines Erachtens nicht die Zukunft, meine Damen und Herren.
(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Meine Damen und Herren, der Haushaltsentwurf und unsere Haushaltspolitik sind auch von Mut geprägt, weil wir die Dinge offen ansprechen und uns nicht wegducken. Wir haben sie schon im Koalitionsvertrag aufgeschrieben. Die Parteitage der beiden Koalitionsfraktionen haben darüber abgestimmt. Es gibt ein hohes Maß an demokratischer Legitimation für unseren Kurs. Wir werden keine Sahnebonbons verkaufen, wenn Wermutstropfen die Realität sind. Deswegen werde ich auch nicht verschweigen, dass wir beispielsweise den Beamtinnen und Beamten dieses Landes einiges abverlangen. Die Deckelung der Beamtenbezüge – das verstehe ich – löst keine Jubelstürme aus. Wir wissen, dass wir den Beamtinnen und Beamten einiges zumuten. Ich danke den Beamtinnen und Beamten dieses Landes dafür, dass sie die Arbeit für Rheinland-Pfalz verrichten und bereit sind, einen Beitrag zur Konsolidierung des Landeshaushalts zu leisten. Herzlichen Dank dafür.
Mut bedeutet aber auch, klar zu sagen, dass wir die Einnahmen erhöhen und nicht nur die Ausgaben kürzen. Einnahmeerhöhungen sind nicht sexy, aber Geiz ist auch nicht geil. Wir wissen alle, dass wir die öffentlichen Haushalte auf Dauer nicht sanieren können, wenn wir nicht die Einnahmen entsprechend erhöhen. Deswegen setzen wir klare Schwerpunkte. Wir nehmen dort Einnahmeerhöhungen vor, wo es sinnvoll und geboten ist, und setzen bei den Ausgaben klare Schwerpunkte, und zwar sowohl was die Reduzierung als auch die Ausgabenerhöhungen angeht. Hier ist einiges vorzuweisen. Ich möchte ein Thema ansprechen, das in Haushaltsberatungen selten angesprochen wird. Wir tragen in Rheinland-Pfalz für Millionen Rheinland-Pfälzerinnen und Rheinland-Pfälzer nicht nur für die kommende Generation, sondern auch für den Erhalt unserer Umwelt und unserer einzigartigen Natur eine Verantwortung.
Trotz des Konsolidierungszwangs setzt Rot-Grün eindeutige Ausrufezeichen in der Naturschutzpolitik beispielsweise dadurch, dass wir uns auf die Suche nach einem Nationalpark begeben, aber auch, weil wir beispielsweise Forderungen der Naturschutzverbände umsetzen und die Bewirtschaftungspläne für die Natura-2000-Gebiete mit Nachdruck vorantreiben; denn der Naturschutz ist in Rheinland-Pfalz schon lange kein Nischenthema mehr.
Das Netz Natura 2000 besteht aus 120 FFH- und 57 Vogelschutzgebieten und umfasst knapp 20 % unserer Landesfläche. Man muss sich einmal bewusst werden, was es für den Erhalt unserer Region und unserer Natur im Land bedeutet, dass wir jetzt die Bewirtschaftungspläne mit Nachdruck vorantreiben und damit einen wichtigen Beitrag für den Naturschutz und den Erhalt unserer Umwelt für die kommenden Generationen liefern. Das bedeutet, dass wir nicht nur vom ökologischen Wandel reden, sondern ihn konkret und vor Ort gestalten.
(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)
Auch die Landwirtschaft profitiert von dem Haushaltsentwurf. Das möchte ich klar sagen. Es gibt kein Gegeneinander von konventioneller und ökologischer Landwirtschaft. Herr Billen, Sie wissen doch selbst, dass die Landwirtinnen und Landwirte in diesem Land viel weiter sind, als Sie es manchmal propagieren. Das sind doch heute ein gegenseitiges Befruchten und ein wechselseitiges Ergänzen der beiden Anbauformen. Hier setzt Ulrike Höfken als langjährige Expertin und jetzige Landwirtschaftsministerin die richtigen Akzente für die Zukunftsfähigkeit unserer Landwirtschaft, und zwar ein Stück weit hin zur Ökologisierung. Das ist doch das, was die Verbraucherinnen und Verbraucher heute wünschen.
(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD –
Zuruf des Abg. Billen, CDU)
Ein klarer Schwerpunkt für unser zentrales Zukunftsprojekt ist die Energiewende. 100 % erneuerbare Energien im Strombereich bis 2030 sind nicht einfach so zu haben. Das Geniale an der Energiewende ist, dass die neuen Energien ohne umfängliche staatliche Subventionen und Abwälzungen der Kosten auf die Gesellschaft auskommen. Das haben die neuen Energien übrigens der Atomkraft voraus, bei der ganz viele Kosten auf die Gesellschaft abgewälzt worden sind, gerade was die Sicherheit und den Schutz angeht.
(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)
Ich bin vor einiger Zeit gefragt worden, ob dann die Lichter ausgehen. Ich kann es nicht mehr hören. Die Herzen glühen, die Lichter gehen an. Das ist eine Goldgräberstimmung. Eveline Lemke ist vor allem dabei, alles in geordneten Bahnen zu halten, bis wir morgen oder übermorgen die Akzeptanz dafür haben, die erneuerbaren Energien dauerhaft und geordnet in Rheinland-Pfalz ausbauen zu können. Man muss den einen oder anderen Bürgermeister – übrigens auch von der CDU – schon fast bremsen, damit es wirtschaftlich sinnvoll bleibt, um zum Ziel zu kommen. Dafür brauchen wir kaum einen Cent Landesgeld, sondern die richtigen Rahmenbedingungen, die richtigen Strukturen und die richtige politische Haltung.
(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)
Deswegen liegt der klare Schwerpunkt auf der Energieberatung, und zwar der Beratung von Kommunen, von Unternehmerinnen und Unternehmern und dem Ausbau der Energieagentur. Es geht zum einen um die Frage, wie man die erneuerbaren Energien bestmöglich vor Ort vorantreibt, und zum anderen um die Frage von Einsparungen und Effizienz. Hier sind das Wissen und die Beratung ganz zentrale Punkte. Ich komme zum zweiten Schwerpunkt. Wir müssen uns den Fragen der Netzkapazitäten und der Speichertechnologien stellen. Ich sage es ganz offen, dass wir noch nicht auf alle Fragen die besten Antworten gefunden haben. Deswegen liegt ein klarer Schwerpunkt auf der Forschung und der Technologie im Bereich der Energiewende und des Klimaschutzes. Die besten Investitionen, wie wir sie morgen realisieren, sind die in die Energiewende und den Klimaschutz, aber auch in eine starke Wirtschaft und in Arbeitsplätze auch noch in zehn, 20 und 30 Jahren in Rheinland-Pfalz. Das ist für das Land eine gute Nachricht.
(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)
Die Zukunft hat längst begonnen. Dieser Haushalt spiegelt das wider. Ein Schwerpunkt bei den Zukunftsinvestitionen sind selbstverständlich unsere Kinder. Wir wollen den besten Einstieg und bieten deshalb die besten Chancen bei der frühkindlichen Bildung und Betreuung in unserem Land. Das zeigen auch die aktuellen Statistiken des Statistischen Bundesamtes.
Wir haben in den westdeutschen Flächenländern die mit Abstand beste Betreuungsquote für die unter Dreijährigen. Wir steigern den Haushaltsansatz gegenüber dem Vorjahr noch einmal um 11 %. Die Summe von 419 Millionen Euro für die Kindertagesstätten im Land ist mehr als eine Verdoppelung gegenüber dem Stand von 2005. Das sind manifeste Zukunftsinvestitionen in die Chancen unserer Kinder. Das ist gerecht und zukunftsfähig.
(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)
Wir geben uns mit dem Status quo nicht zufrieden. Der Bereich der frühkindlichen Bildung bleibt eine große Herausforderung. Deswegen werden wir mit dem Programm „Kindergarten plus“, für das in den kommenden Doppelhaushalt 6 Millionen Euro eingestellt sind, in die Kindertagesstätten, die in Stadtteilen und Orten mit einem schwierigen sozialen Umfeld liegen und in denen beispielsweise Kinder aus bildungsfernen Elternhäusern oder Kinder mit Sprachproblemen untergebracht sind, gezielt investieren und deren Qualität steigern und verbessern. So bringt man mehr soziale Gerechtigkeit zu den Kleinsten in unserer Gesellschaft, und das zielgenau in Zeiten knapper Kassen. Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit passen zusammen. Das drückt dieser Doppelhaushalt aus.
(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)
Dieser Haushalt trägt auch die Überschrift „Ehrlichkeit“. Die Menschen erwarten von uns eine neue Qualität der Ehrlichkeit in der Politik. Diese würden sie sich auch von der Bundesregierung wünschen. Wenn Rheinland-Pfalz zukunftsfähig bleiben und in Zukunft noch Gestaltungsspielraum haben will, müssen wir uns nicht nur ehrlich überlegen, wofür wir Geld ausgeben wollen und wofür nicht, sondern dann müssen wir das ganz ehrlich auch den Menschen sagen. Eine Politik nach dem Motto „Allen wohl und niemand weh“ wird in der heutigen Zeit nicht mehr aufgehen. Das ist die ehrliche Nachricht. Das ist die Wahrheit.
(Dr. Wilke, CDU: Die echte oder die lautere?)
Wir haben in diesem Haushalt die Ausgabenseite verbessert. Wir haben echte Einsparungen gezeigt. Wir haben es so getan – Herr Kollege Hering hat es gesagt –, dass wir möglichst die stärkeren Schultern mehr belasten als die schwächeren Schultern. Wir haben das nach ökologischen Prinzipien getan. Wer mehr verbraucht, der soll auch mehr beitragen. Aber zur Ehrlichkeit gehört auch zu sagen, die Konsolidierungen unserer Haushalte können nicht funktionieren, wenn wir nur ausgabenseitig kürzen oder sparen. Wir gehen auch an die Einnahmeseite heran. Das sagen wir ganz klar. Deswegen ist es richtig, die Grunderwerbsteuer zu erhöhen. Wir brauchen die Einnahmen, und wir belasten damit die Menschen nicht überproportional. Wir belasten vor allem diejenigen nicht, die niedrigere Einkommen haben, weil – ich glaube, das bestätigen Sie mir – Menschen mit einem niedrigeren und mittleren Einkommen sich nicht in jedem Jahr ein neues Grundstück kaufen werden. Deswegen ist es auch eine sozial gerechte Form der Steuererhöhung. Wir führen die Wasserentgeltabgabe ein, weil es richtig ist, diejenigen, die von unserem Wasser, das die Natur uns scheinbar kostenfrei zur Verfügung stellt, sozusagen einen Profit damit ziehen, daran zu beteiligen, damit wir die Wasserqualität in unserem Land erhalten und bestenfalls steigern können. Das hat etwas mit ökologischer Umsteuerung zu tun. Das hat auch etwas mit Verantwortung für unsere natürlichen Ressourcen zu tun. Diese Verantwortung, diese Preise für die Ressourcen,
die die Natur uns zur Verfügung stellt, gehören vom Staat steuerlich berücksichtigt, weil es etwas mit Gerechtigkeit zu tun hat.
Wer viel von unseren natürlichen Ressourcen profitiert, soll auch seinen Beitrag leisten. Wer weniger davon profitiert, wer also weniger braucht, wird weniger belastet. Auch so geht ökologische Gerechtigkeit, meine Damen
und Herren.
(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)
Ich sage mit Blick auf die Zukunft ganz ehrlich, das reicht nicht auf der Einnahmeseite. Wir werden mehr Einnahmen brauchen. Ich möchte nur ein Beispiel nennen. Hätten wir heute eine moderate Vermögensteuer innerhalb der Modelle, wie sie im Moment diskutiert werden, dann würden allein diese Einnahmen ausreichen, unseren offenen Konsolidierungsbeitrag für 2014 komplett darzustellen.
(Zurufe von der CDU)
Es kann nicht sein, dass wir in der Bundesrepublik Deutschland nach wie vor die mittleren Einkommen belasten und die vermögenden und gut situierten mit dem guten Einkommen – relativ gesehen – weniger zur Kasse bitten als noch in den 90er-Jahren, und das, obwohl einige davon von den Dingen profitiert haben, die uns am Ende in die Krise geführt haben. Ich bin sehr dafür, bei der Einkommensteuer bis auf 49 % nach oben zu gehen und eine Vermögensbesteuerung wieder einzuführen, die 1 : 1 den Ländern zugutekommt. Das bedeutet, dass diejenigen, die viel Geld haben, die viel Vermögen haben, dazu beitragen, dass wir auch morgennoch gute Kitas, gute Schulen, gute Hochschulen in Rheinland-Pfalz haben. Das bedeutet auch Gerechtigkeit, meine Damen und Herren.
(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD –
Licht, CDU: Alter Klassenkampf!)
Frau Klöckner, Sie hatten bis heute Morgen noch keinen wirklichen Sparvorschlag, geschweige denn ein Sparkonzept. Letzteres habe ich heute auch noch nicht gehört.
(Dr. Weiland, CDU: Textbaustein 425! –
Weitere Zurufe von der CDU)
Dann haben Sie eilig ein paar Journalisten zusammengetrommelt. Da war ich schon gespannt.
(Zurufe von der CDU)
Da haben Sie eine Liste vorgelegt. Ich habe mitgerechnet.
(Zuruf des Abg. Licht, CDU)
Konkret kam ich auf Einsparvorschläge von unter 17 Millionen Euro für 2012, weil vieles nebulös blieb.
(Zuruf der Abg. Frau Klöckner, CDU)
Davon 16,8 Millionen Euro durch die Streichung der kostenlosen Schülerbeförderung. Respekt! Ansonsten wollen Sie in der Bildung sparen, bei der Schülerbeförderung. Sie wollen die Studiengebühren einführen, wissen aber nicht so genau für wen. Sie wollen bei der Justiz sparen, wissen noch nicht so ganz genau wo.
(Frau Klöckner, CDU: Sie lügen doch gerade! Das haben wir doch gar nicht gesagt!)
Sie wollen vor allem – das finde ich einen produktiven Vorschlag – den Haushalt lesen.
(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD –
Zuruf des Abg. Billen, CDU)
Ich verstehe das. Ich habe eine Menge Verständnis dafür, weil wir sozusagen gerne gemeinsam mit Ihnen diesen Weg der verantwortlichen Haushaltskonsolidierung gehen wollen. Da habe ich überhaupt kein Problem damit. Sie haben es angesprochen.
(Zuruf des Abg. Dr. Weiland, CDU)
Wir haben Haushalts- und Finanzexperten par excellence in unserer Fraktion. Ich glaube, Ulrich Steinbach kommt gerne in Ihre Fraktion und hält ein Seminar, wie der rot-grüne Haushalt funktioniert, was gut daran ist und wo man vielleicht noch ein bisschen mehr einsparen kann.
(Reichel, CDU: Den brauchen wir nicht!)
Ich bin gespannt, was er Ihnen beibringt und welche Vorschläge wir während der parlamentarischen Beratung von Ihnen zu hören bekommen. Wenn Sie die Expertinnen und Experten nicht in den eigenen Reihen haben, wir helfen da gerne einmal aus, Frau Klöckner. Das ist gar kein Problem.
(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN –
Zuruf des Abg. Licht, CDU)
Sie haben kein Konzept. Sie kritisieren jeden Sparvorschlag und fordern im Bund Steuersenkungen. Das ist doch alles gar nicht ehrlich. Das passt doch alles nicht zusammen. Das ist nicht rund. Das durchschauen die Menschen. Damit werden Sie nicht durchkommen. Es ist schlicht und ergreifend zu einfach. Ich habe heute davon abgesehen, als Mainzer meine Rede in Reimform zu verlesen.
(Dr. Weiland, CDU: Da wäre sie auch nicht besser geworden!)
Aber heute Morgen um halb zehn haben wir schon eine Büttenrede gehört. Ich denke, das ist genug.
(Heiterkeit bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)
Sie werden konkrete Vorschläge machen müssen, wenn Sie ernst genommen werden wollen. Da müssen Sie den Leuten auch erklären, wo es wehtut. Im Haushalts- und Finanzausschuss haben Sie sich gegen die Deckelung bei den Beamtenbezügen gewehrt.
(Zuruf des Abg. Dr. Weiland, CDU)
In der „AZ“ fordern Sie Stelleneinsparungen, sagen aber nicht wo. Gegenüber den Beamtinnen und Beamten sagen Sie nicht, wo die Stellen für die Beamtinnen und Beamten gekürzt werden sollen und wie das überhaupt haushaltswirksam ohne betriebsbedingte Kündigungen wird. All das werden Sie in den Haushaltsberatungen beantworten müssen. Wir werden Ihnen diese Frage stellen, weil Sie die Aufgabe, die wir vor uns haben, nämlich die Schuldenbremse, mit beschlossen haben.Deswegen werden wir Sie nicht aus der Haftung und der Verantwortung entlassen.
(Zurufe von der CDU)
Wir erwarten substanzielle Beiträge, wie es damals die GRÜNEN in der Opposition mit Ise Thomas gemacht haben.
(Pörksen, SPD: Genauso war das!)
Wenn von Ihnen gute Vorschläge kommen, werden wir ernsthaft darüber reden und es nicht mit der Macht der Mehrheit wegbügeln. Dazu haben wir den Mut und die Ehrlichkeit. Aber legen Sie die Ehrlichkeit und den Mut an den Tag, konkrete Vorschläge zu machen. Wir arbeiten uns gerne daran ab. Ich bin gespannt. Aber die Hoffnung, na ja, stirbt bekanntlich zuletzt.
(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)
Verantwortung, Mut und Ehrlichkeit sind die Leitlinien unserer Haushaltspolitik. Das spiegelt sich im Doppelhaushalt 2012/2013, dem ersten rot-grünen Haushalt, wider. Wir werden die Schuldenbremse einhalten. Wir werden den Anforderungen der Verfassung an die Haushalte deutlich gerecht. Wir stellen Rheinland-Pfalz damit so auf, dass wir handlungsfähig bleiben und auf mittlere und lange Sicht noch stärker werden, damit wir unseren Kindern und Kindeskindern noch mehr Handlungsspielräume eröffnen.
Wir gehen mit der Konsolidierung ehrlich um. Wir sagen, dass wir manches Wünschenswerte, was wir auch wollen, uns nicht leisten oder nicht sofort leisten können. Wir werden nicht nur ausgabenseitig etwas tun, wir werden auch die Einnahmeseite verbessern. Wir werden Rheinland-Pfalz konsolidieren und an den richtigen Schwerpunkten gestalten. Wir werden in die Zukunftsbereiche investieren. Wir werden durch die Energiewende, Investitionen in Bildung und frühkindliche Förderung in die Bereiche investieren, die unser Land fit machen, auch noch in zehn und 20 Jahren ein lebenswertes, ein gutes Land zu sein, in dem die Menschen gerne leben. Wir lassen die Kommunen hierbei nicht im Stich. Wir werden auf Basis dieses Regierungsentwurfs mit den Menschen in den Dialog treten. Wir werden unsere Ohren und Herzen nicht verschließen. Wir werden uns Argumenten stellen, aber immer klar sagen, wenn wir etwas ändern, weil es gute Argumente dafür gibt – Frau Klöckner, als Parlament, das ist unser Königsrecht, da gebe ich Ihnen Recht –, da muss auch die Gegenfinanzierung kommen.
Dann müssen wir auch sagen, wo wir es eventuell wegnehmen können. Dieser Prozess steht uns jetzt bevor. Wir werden ihn gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern dieses Landes gehen. Dabei werden wir aber ehrlich bleiben. Das unterscheidet die koalitionstragenden Fraktionen fundamental von der Opposition, meine Damen und Herren.
(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD –
Frau Kohnle-Gros, CDU: Was soll denn das heißen?)
Das Ziel der Haushaltskonsolidierung
(Frau Kohnle-Gros, CDU: Was ist das denn für eine Unterstellung?)
ist essenziell für die Umsetzung des sozial-ökologischen Wandels in Rheinland-Pfalz. Das ist unser Weg. Wir werden ihn gehen. Das wird ein langer Marsch werden.
(Zuruf des Abg. Licht, CDU)
Wir werden dabei die Menschen in diesem Land mitnehmen. Wir machen das, um das Land handlungsfähig zu halten und um Verlässlichkeit zu gewähren, um das Land auch in der Zukunft gestalten zu können. Wir machen das, um kommenden Generationen eine Welt zu hinterlassen, die vielleicht noch ein Stückchen besser ist als die, die wir vorgefunden haben, damit unsere Kinder für ihre Kinder auch morgen noch gestalten können.
Herzlichen Dank.
(Anhaltend Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)
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